Kleiner Riese: Deschamps neuer Frankreich-Trainer

Paris (dpa) - Der französische Fußball setzt in Krisenzeiten auf einen Asterix aus Fleisch und Blut. Der neue Nationalcoach Didier Deschamps ist, wie die weltbekannte französische Comicfigur, etwas kleingewachsen und knorrig, aber auch ein charakterstarker Siegertyp.

Die Ernennung des 43 Jahre jungen früheren Nationalelf-Kapitäns, des Weltmeisters von 1998 und EM-Siegers von 2000 zum Chefcoach weckte in der Grande Nation nach der Enttäuschung bei der EM sofort neue Hoffnung und sorgte sogar für Jubel. „Endlich Deschamps“, titelte das Sportblatt „L'Équipe“. Und der Präsident der Profiliga LFP, Frédéric Thiriez frohlockte: „Fabelhaft!“. So einen brauche man.

Nach dem schlimmen WM-Fiasko von 2010 hatte Deschamps Vorgänger Laurent Blanc die „Bleus“ daheim zwar wieder hoffähig gemacht und zu einer Serie von 23 Spielen ohne Niederlage geführt. Die Blanc-Bilanz fiel aber doch negativ aus - in erster Linie nicht wegen des Viertelfinal-Aus gegen den späteren Europameister Spanien (0:2). Vielmehr konnte der Coach in der Ukraine mehrere Kabinen-Streits und Disziplinlosigkeiten nicht verhindern, die stark an die blamablen Affären samt Trainingsstreik von Südafrika erinnerten.

Bei seiner offiziellen Präsentation gab sich Deschamps denn auch als harter Krisenmanager. „Die (National-)Spieler haben kein Recht auf Fehler mehr“, warnte er. Er würdigte die Arbeit seines Vorgängers „und Freundes“ Blanc, betonte aber auch, es gebe Sachen, die er „zwangsläufig anders machen“ werde.

Ex-Nationaltorwart Jean-Luc Ettori, der in Monaco unter Deschamps arbeitete, ist überzeugt, dass der kleine Riese fähig ist, im Team von Bayern-Star Franck Ribéry „die Ordnung wiederherzustellen“. Auch der frühere Erfolgs-Trainer und Deschamps-Mentor Jean-Claude Suaudeau glaubt, dass der neue Nationaltrainer sich im Gegensatz zu Blanc nicht davor scheuen wird, ein großes „Reinemachen“ zu veranstalten.

Schon während seiner ersten Trainerstation bei AS Monaco, den er 2004 zum Champions-League-Finale (0:3 gegen den FC Porto) führte, habe Deschamps „Parasiten vertrieben“ (Suaudeau). Gemeint sind die Italiener Marco Simone und Christian Pannucci. Auch in Marseille, wo er zwischen 2009 und 2012 drei Titel holte, ließ er den hitzigen Jungstar Hatem Ben Arfa an Newcastle verkaufen. Jenen Ben Arfa, der bei der EM für Unruhe sorgte, weil er überwiegenden die Bank drückte.

Überhaupt müssten die Vertreter der „goldenen Generation von 1987“ um Ben Arfa, Jérémy Ménez oder Samir Nasri nach den Vorfällen bei der EM nun unter Deschamps um ihre Karrieren in der Nationalelf zittern, schreibt „sports.fr“. Der Verband hat bereits gegen die drei Profis und Yann M'Vila Disziplinarverfahren eröffnet. Gesetzt scheinen dagegen für die Zukunft Spieler wie Ribéry, Karim Benzema oder Tormann Hugo Lloris. Mit ihnen muss Deschamps nach einem Testspiel gegen Uruguay am 15. August die schwierige WM-Qualifikation in einer Gruppe mit Titelverteidiger und Europameister Spanien meistern.

Ungeachtet seiner bescheidenen Körpergröße von 1,73 Metern glänzte Deschamps als Profi unter anderem bei Marseille, Juventus, Chelsea und Valencia und später als Trainer. Ob der Mann, der mit dem FFF einen Zweijahresvertrag unterschrieb, auch als „Bleus“-Trainer Erfolg haben wird, steht in den Sternen. Eines steht aber fest: Die Zeiten des „beau jeu“, des von Trainer Blanc propagierten schönen Spiels, mit dem Michel Platini und Zinedine Zidane die Herzen höher schlagen ließen, sind vorbei. Deschamps ist ein Verfechter des Defensivspiels.