Medienschelte Krise bei Manchester United - Mourinho schimpft
Manchester (dpa) - Sein bizarrer Auftritt bei der Pressekonferenz dauerte nur wenige Minuten, dann hatte José Mourinho genug.
„Respekt, Respekt, Respekt, Mann“, forderte der wütende Coach von Manchester United nach dem 0:3 (0:0) gegen Tottenham Hotspur. „Dreimal Premier League, ich hab mehr Premier-League-Titel geholt als die anderen 19 Trainer zusammen.“ Dass Mourinho dünnhäutig an seine früheren Erfolge erinnerte, zeigt, wie frustriert der einst als „the special one“ gefeierte Trainer derzeit ist.
„José dreht durch“, schrieb das Boulevard-Blatt „The Sun“. Erst am Freitag war Mourinho 30 Minuten zu früh zur Pressekonferenz gekommen und nach nicht mal fünf Minuten wieder verschwunden. Die britische Zeitung „Independent“ befand jetzt: „Es könnte kein deutlicheres Bild geben von einem Mann, der mit dem Rücken zur Wand steht.“
Nach dem schlechtesten Saisonstart seit 26 Jahren ist die Lage beim Fußball-Rekordmeister spürbar angespannt. Vize-Clubboss Ed Woodward sah die 0:3-Heimpleite mit versteinerter Mine von der Tribüne und hörte die Spottgesänge der Tottenham-Fans für Mourinho: „Du wirst morgen früh gefeuert.“
Nach einer Trennung sieht es trotz der Krise nicht aus. Zwar forderten in sozialen Medien einige Fans den Rauswurf des Portugiesen und schlugen den ehemaligen Real-Madrid-Coach Zinedine Zidane als Nachfolger vor. Doch im Stadion bot sich ein anderes Bild. Die noch anwesenden Fans applaudierten trotz der Niederlage - auch dem Coach. „Ich habe heute den Beweis bekommen, dass die Fans den Fußball am besten beurteilen können“, sagte Mourinho, der sich beim „großartigen Publikum“ mit einer ungewöhnlichen Ehrenrunde auf dem Platz bedankte.
Die Ansicht, „unsere Fans lesen keine Zeitung und schauen nicht fern“, hatte der Trainer aber sicher genauso exklusiv wie das Fazit zum Spiel. „Aus strategischer und taktischer Sicht haben wir nicht verloren“, fand Mourinho und erinnerte in seinem Verhalten fast ein bisschen an US-Präsident Donald Trump, ohne jedoch das Wort „fake news“ zu benutzen. „Wir haben sehr gut gespielt, die Spieler hatten eine fantastische Einstellung, und zur Halbzeit hätten wir nach meiner Ansicht mindestens zwei Tore vorn liegen müssen.“
Tatsächlich hatte sich seine Mannschaft besser präsentiert als bei der Niederlage in Brighton vor einer Woche - und auch in Führung gehen können. Doch in der zweiten Hälfte offenbarte der Rekordmeister vor allem defensiv große Schwächen. Und das nutzten Harry Kane (50. Minute) und Lucas Moura (52./84.) gnadenlos aus. „Die Spurs waren nach der Pause einfach zu gut für United“, resümierte BBC. Das Team von Mauricio Pochettino gilt nach drei Siegen als Titelkandidat.
Mourinho hingegen wirkt derzeit ratlos. Wohl auch deshalb erinnerte er die anwesenden Journalisten an seine Bilanz. Außer ihm haben unter den aktuellen Premier-League-Trainern nur Manchester-City-Coach Pep Guardiola (2017/18) und West-Ham-Trainer Manuel Pellegrini (2013/14 ebenfalls mit Man City) jeweils einmal die englische Meisterschaft gewonnen. Damit, dass für José Mourinho in naher Zukunft noch eine dazukommt, rechnet zur Zeit niemand. Aber ein Sieg gegen den FC Burnley am Samstag würde immerhin etwas Ruhe bringen.