Kuranyi will mit Dynamo Moskau nach Europa
Moskau (dpa) - Gestartet wie ein Absteiger - aber im Schlussspurt doch noch nach Europa: Kevin Kuranyi und Dynamo Moskau haben den internationalen Wettbewerb fest im Blick.
„Wir wollen unter die ersten fünf - und ich bin überzeugt, dass wir das schaffen“, sagt der deutsche Ex-Nationalspieler der Nachrichtenagentur dpa in Moskau. An diesem Wochenende startet die russische Fußball-Liga nach dreimonatiger Pause in ihre heiße Phase - obwohl sich in manchen Stadien noch der Schnee am Spielfeldrand türmt.
Nur zwei Punkte trennen den Tabellenneunten Dynamo, der zuerst Stadtrivale Lokomotive empfängt, vom internationalen Wettbewerb. Zu erwarten war das nach einem Katastrophenstart mit sieben Niederlagen in den ersten acht Punktspielen nicht.
„Wir haben uns als Mannschaft gefunden“, meint Kuranyi. „Das haben schon die letzten Wochen vor der Winterpause gezeigt, als wir zu den besten Teams der Liga gezählt haben.“ Seine Bilanz mit sechs Toren ist zwar ausbaufähig, aber dafür rackert der 31-Jährige oft als einzige Spitze. Liebend gerne hätte er elf Kuranyis im Team, lobte Trainer Dan Petrescu den Angreifer.
Anders als die Konkurrenz setzt Dynamo im Kampf um das internationale Geschäft nicht auf millionenschwere Neuzugänge. Besonders Lokalrivale Spartak, derzeit Sechster, rüstete im Winter auf. Pokalsieger Rubin Kasan auf Rang sieben sicherte sich den begehrten französischen Jungstar Yann M'Vila.
Kuranyi ficht das nicht an. „Ohne unseren Katastrophenstart in die Saison würden wir jetzt mit an der Spitze stehen - ganz ohne spektakuläre Millionentransfers in dieser Saison“, sagt der Ex-Spieler des VfB Stuttgart und von Schalke 04. „Unser Vorteil ist, dass wir ein eingespieltes Team sind, eine echte Mannschaft - und wir hatten unsere Schwächephase bereits zu Saisonbeginn.“ Derby-Siege gegen die Moskauer Konkurrenten Lokomotive, ZSKA und Spartak brachten den Club wieder in die Spur.
Der Titel aber ist bei 13 Punkten Rückstand auf die Spitze kaum drin. Tabellenführer ZSKA Moskau (43 Punkte), der neureiche Milliardärsclub Anschi Machatschkala (41) und Titelverteidiger Zenit St. Petersburg (38) machen wohl die Meisterschaft unter sich aus. „So spannend war die Rückrunde noch nie“, kommentiert das Fachblatt „Sport Express“.
Vor allem Anschi aus der Konfliktregion Nordkaukasus, das in der Europa League Bundesligist Hannover 96 ausschaltete, setzt voll auf Angriff. Klares Zeichen ist der Transfer des brasilianischen Regisseurs Willian, der für 35 Millionen Euro vom ukrainischen Meister Schachtjor Donezk zum Team von Trainer Guus Hiddink wechselte. „Für mich gibt es keinen klaren Favoriten, eher ein Herzschlagfinale“, sagt Kuranyi.
Weiterer schöner Nebeneffekt der sportlichen Spannung: Sie lässt auch viele ungelöste Probleme im Gastgeberland der Weltmeisterschaft 2018 verblassen. Marode Stadien und häufige Fanausschreitungen führen zu Zuschauerschwund. Vor allem das Hooliganproblem bekommt die Liga kaum in den Griff. Tiefpunkt war ein Böllerwurf von Zenit-Anhängern, der Dynamo-Torwart Anton Schunin verletzte. Helfen sollen personalisierte Eintrittskarten sowie verschärfte Strafen für Randalierer. Die Staatsduma in Moskau will bald ein entsprechendes Gesetz verabschieden.