Liverpools Beißer Suárez: Zwischen Genie und Wahnsinn
London (dpa) - Nach seiner schockierenden Beiß-Attacke in Mike-Tyson-Manier hat Luis Suárez um Verzeihung gebeten. Diesmal hatte es der zwischen Genie und Wahnsinn wandelnde Premier-League-Stürmerstar des FC Liverpool auf den Arm des entsetzten Chelsea-Verteidigers Branislav Ivanovic abgesehen.
„Ich entschuldige mich bei Ivanovic und der ganzen Fußball-Welt für mein unverzeihliches Verhalten. Es tut mir so leid!!“, twitterte der 26-Jährige reuig nach dem 2:2 am Sonntag.
Doch so leicht kommt er aus der Nummer nicht raus. Der englische Verband erhob am Montag offiziell Anklage gegen den Skandalprofi aus Uruguay. Wegen „gewalttätigen Verhaltens“ könnte es knüppeldick kommen. „Nach Ansicht der FA reicht die Standardstrafe von drei Spielen Sperre unter diesen Umständen bei weitem nicht aus“, hieß es.
Vom eigenen Verein wurde der Stürmer mit einer Geldstrafe in unbekannter Höhe belegt - um seinen Job muss er aber offenbar nicht fürchten. „Auf keinen Fall“, antwortete Club-Manager Ian Ayre auf die Frage, ob das Verhaltens von Suárez Auswirkungen auf dessen Zukunft bei den „Reds“ habe. „Luis ist ein wichtiger Spieler für uns“, sagte Ayre auf der Vereins-Homepage.
Suárez selbst twitterte noch, dass Ivanovic sein Sorry am Telefon angenommen habe. Die Geldstrafe - die laut Statuten das Gehalt von zwei Wochen nicht übersteigen darf - will er für die Opfer-Familien der Hillsborough-Stadion-Katastrophe spenden. Die Profifußballer-Organisation PFA bot ihm am Montag Anti-Aggressionstraining an.
Dabei schien Suárez gerade auf einem guten Weg: Erst in der Vorwoche gehörte er zu den Nominierten für den PFA Player of the Year Award in England - der spielstarke Angreifer ist mit seinen 23 Premier-League-Toren in dieser Saison zu den weltbesten Stürmern zu zählen. Der frühere englische Nationalmannschaftskapitän Gary Lineker forderte nun, Suárez von der Nominierten-Liste zu streichen.
Schon in der Vorsaison hatte Suárez mit seiner rassistischen Beleidigung gegen Manchester Uniteds Patrice Evra dem FC Liverpool einen erheblichen Imageschaden beschert. Der Südamerikaner zeigte sich uneinsichtig, kassierte acht Spiele Sperre und sorgte beim ersten Wiedersehen mit Evra für den nächsten Eklat, als er dem dunkelhäutigen Franzosen den Handschlag verweigerte.
Suárez war schon mit einer skandalträchtigen Vita an die Anfield Road gewechselt. Bei seinem vorigen Engagement für Ajax Amsterdam hatte er 2010 bereits einen Profi der PSV Eindhoven in den Halsbereich gebissen. Die Konsequenz: sieben Spiele Sperre und der Spitzname „Kannibale“ in den niederländischen Medien.
Englands Boulevard schimpft nun auch über den „Dracula“ und „Vampir“. Aktuell ermittelt zudem die FIFA gegen Suárez, weil der Hitzkopf im jüngsten WM-Qualifikationsspiel gegen Chile den Abwehrspieler Gonzalo Jara verdeckt ins Gesicht geboxt hat.
Und nun also dieses Spiel gegen Chelsea, das urtypisch das Genie und den wahnsinnigen Luis Suárez zeigte: Erst leistete er eine brillante Vorarbeit zum 1:1 durch Daniel Sturridge (52. Minute), dann verursachte er einen Handelfmeter (57.), biss unbeachtet vom Referee in den Arm des Serben Ivanovic, und schließlich köpfte er zum umjubelten 2:2 in der siebten Minute der Nachspielzeit ein. Zumindest einen Fan hat Suárez trotz seines Aussetzers offenbar dazugewonnen: Der als Ohr-Beißer berüchtigte Ex-Boxer Mike Tyson klickte sich am Sonntagabend bei Twitter zum neuen Suárez-Follower.