Match-Koordinator Baffoe: Botschafter gegen Rassismus

Rio de Janeiro (dpa) - Anthony Baffoe, der frühere Bundesliga-Star des 1. FC Köln und von Fortuna Düsseldorf ist heute beim Weltverband FIFA als Match-Koordinator im Maracana aktiv. Eine andere Aufgabe lässt ihn aber nicht los - der Kampf gegen Rassismus.

Die FIFA setzte ihn ganz bewusst aufs Podium, um für ihre Anti-Diskriminierungstage bei den Halbfinals des WM-Testlaufs zu werben. So kontrolliert Baffoe nicht nur den korrekten Ablauf der Spiele beim Confederations Cup in Brasiliens Fußball-Heiligtum in Rio de Janeiro. Er bekämpft mit Herz und Seele rassistische Vorurteile.

Wie ein kleiner Donner hallen die Worte durch den Presseraum im Keller des legendären Maracana. „Ohrfeige! So nennen das die Deutschen!“ Anthony Baffoe wechselt bewusst vom Englischen ins Deutsche, als er den internationalen Medien von seinem Ausraster in der Umkleidekabine von Fortuna Köln erzählt - damals in den 1980er Jahren. Ein Mitspieler hatte den dunkelhäutigen Profi rassistisch beleidigt. Baffoe wusste sich in seiner Wut nicht anders zu helfen, schlug zu und wurde dafür von der Club-Führung getadelt. „Diese Zeiten sind zum Glück vorbei“, erzählt der 48-Jährige heute. „Es war ein langer Weg. Aber wir haben schon viel erreicht.“

Die Kapitäne verlesen traditionell vor dem Anpfiff eine vorformulierte Botschaft. Und so, wie Baffoe einst in der Bundesliga viel mehr mit kessen Sprüchen, denn mit Schlägen für Aufmerksamkeit sorgte, hat er noch mehr zu sagen als die Kapitäne verlesen werden. Er zieht dabei auch die brasilianischen Journalisten in seinen Bann.

So bitter vieles im deutschen Fußball vor fast 30 Jahren war, so sehr lobt der Bonner Baffoe heute sein Geburtsland. „Für mich ist Deutschland ein Vorbild. Das Einbürgerungssystem wurde geändert. Ich bin sehr froh über die Fortschritte, die gemacht wurden. Die Nationalmannschaft könnte auch eine Mannschaft der Vereinten Nationen sein“, sagte er.

Eine Karriere in der deutschen Nationalelf lehnte er damals ab. Mit Ghana verband ihn mehr. „Ich hatte niemanden, mit dem ich mich hätte identifizieren können“, berichtet er. „Heute wären diese Idole da. Jérôme Boateng, Sami Khedira, Miroslav Klose, Lukas Podolski und und und.“ Alle wie er mit Migrationshintergrund.

Baffoe hat über sein Engagement den Humor nicht verloren. Legendär sind seine Sprüche aus aktiven Fußballertagen: „Mann, wir Schwarzen müssen doch zusammenhalten“, sagte er zu einem Schiedsrichter und „Du kannst auf meiner Plantage arbeiten“ zu einem rassistischen Fan.

Der Diplomatensohn hatte schon immer ein Gespür für richtige Töne, ob nun ironisch oder politisch korrekt. „Ich bin der UEFA und der FIFA dankbar, dass sie das Thema so engagiert angehen“, sagte er auf die Frage, ob er vom Weltverband auch eine Minimumsperre von zehn Spielen für rassistische Vergehen erwartet hätte wie sie der europäische Kontinentalverband eingeführt hat. Die FIFA begnügte sich mit einem Mindestausschluss von fünf Spielen.

Leidenschaftlich wird Baffoe in seinem Lob für Kevin-Prince Boateng. Der von seinem ghanaisch-deutschen Landsmann wegen rassistischer Ausfälle provozierte Spielabbruch mit dem AC Mailand in einem Testspiel in der italienischen Provinz sei ein starkes Signal gewesen. Aber eben gerade auch, weil sich dessen Kollegen mit ihm solidarisierten.

Als er in den 90er Jahren in Frankreich spielte und die ihn liebenden Fans einen dunkelhäutigen Gegner mit Affenlauten beleidigten, spielte er den Ball ins Aus, musste sich dafür rechtfertigen - aber die Affenlaute verstummten. Das war für ihn ein Signal, dass sich das Engagement lohnt.

Der Kampf gegen Rassismus ist für Baffoe nicht vorbei, im Fußball wie in allen anderen Gesellschaftsteilen. Sorge bereitet ihm die Lage in Russland - dem WM-Gastgeber 2018. „Vielleicht ist dieses Turnier für sie eine Chance.“ An seiner Hilfe soll es nicht mangeln. „Wenn sie das wollen, gehe ich gerne dorthin.“ Anthony Baffoe wird ganz gewiss auch eine Botschaft für Russland haben.