Nach fast 22 Jahren „Merci Arsène“ - Trainer Wenger verlässt Arsenal

London (dpa) - Per Mertesacker musste die Nachricht von Arsène Wengers baldigem Abschied erstmal sacken lassen. „Wir wurden im Prinzip gerade erst informiert“, sagte der Kapitän am Freitag, nachdem sein Trainer angekündigt hatte, im Sommer nach fast 22 Jahren beim FC Arsenal aufzuhören.

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„Das ist sehr emotional. Wir haben zwar Zeit, um das zu verarbeiten“, sagte Mertesacker, „aber jetzt gerade ist es einfach nur ein Gefühl der Trauer“.

Trainerkollege Jupp Heynckes vom FC Bayern würdigte Wenger als „einen der Toptrainer im europäischen Fußball“. Liverpool-Coach Jürgen Klopp nannte ihn „eine herausragende Persönlichkeit“ und war sich sicher: „Es wird anders werden.“ Genau das ist es, worauf die Arsenal-Bosse und viele Fans jetzt hoffen. Wenger, der nach Ansicht von Experten nicht nur Arsenal, sondern auch den englischen Fußball der 1990er Jahre revolutioniert hat, galt zuletzt als Mann des Stillstands.

Ob sein Abschied ein Jahr vor dem Ende seines laufenden Vertrags seine eigene Entscheidung war oder die Vereinsführung doch die Geduld verloren hat, blieb am Freitag offen. „Nach genauen Überlegungen und Diskussionen mit dem Verein habe ich das Gefühl, dass es die richtige Zeit ist, um am Ende der Saison zurückzutreten“, wurde Wenger auf der Arsenal-Website zitiert. Das lässt Spielraum für Interpretationen.

Der Franzose ist schon länger umstritten, hatte seinen Vertrag aber nach dem Gewinn des FA Cups im vergangenen Sommer um zwei weitere Jahre verlängert. In dieser Saison haben die Gunners als Sechster kurz vor Saisonende ganze 33 Punkte Rückstand auf den Meister Manchester City. Im FA Cup scheiterte der Rekordpokalsieger an Zweitligist Nottingham Forest, im Ligapokal-Finale ging Arsenal mit 0:3 gegen Man City unter. „Arsène Wenger, wir wollen, dass du bleibst“, sangen die gegnerischen Fans, vor allem die des ungeliebten Lokalrivalen Tottenham Hotspur.

„Ich habe genug Erfahrung und Lust, die Dinge noch einmal zu drehen“, hatte Wenger noch im März erklärt. Doch immer weniger Arsenal-Fans wollten daran glauben. Im Stadion häuften sich die „Wenger raus“-Plakate. Überwiegend langjährige Anhänger standen hingegen weiterhin zu dem Trainer, der für die erfolgreichste Zeit des Clubs steht.

„Arsène wer?“, hatte eine Londoner Zeitung geschrieben, als Wenger im September 1996 präsentiert wurde. Anderthalb Jahre später, nach der ersten kompletten Saison als Arsenal-Coach, hatte Wenger schon das Double aus Premier League und FA Cup geholt. Insgesamt gewann er mit dem Club drei Meisterschaften und siebenmal den Pokal. Auch der Umzug vom Highbury ins lukrative Emirates Stadion ist mit Wenger verbunden.

„Einer der Gründe, warum wir uns bei Arsenal engagiert haben, war das, was Arsène auf und neben dem Platz in den Club gebracht hat“, teilte Mehrheitseigner Stan Kroenke am Freitag mit. Der Wenger-Fan sprach von einem „der schwierigsten Tage, die wir in all unseren sportlichen Jahren hatten“. Ein neuer Trainer soll „sobald wie möglich“ präsentiert werden, sagte er.

Die Liste der Kandidaten, über die spekuliert wird, ist lang. Der „Kicker“ hatte im März vermeldet, Thomas Tuchel stehe schon als Nachfolger fest. Nun rückt der frühere Dortmund-Coach wieder in den Fokus. Britische Medien nannten auch Bundestrainer Joachim Löw und den ehemaligen Bayern-Trainer Carlo Ancelotti als Alternativen. Wenger hatte einst den früheren Arsenal-Profi Patrick Vieira ins Gespräch gebracht.

Maximal acht Spiele wird Arsène Wenger noch für Arsenal auf der Bank sitzen - fünf in der Liga und drei in der Europa League, wenn es gut läuft: Am Donnerstag empfangen die Gunners im Halbfinal-Hinspiel Atlético Madrid. Sollte Arsenal die Europa League gewinnen, könnte Wenger sich und dem Club zum Abschied ein Geschenk machen. Neben der Trophäe wäre Arsenal dann auch für die Champions League qualifiziert - nach 22 Jahren wäre das ein finaler Coup für die Trainerlegende. Der Club bedankte sich schon jetzt mit den Worten: „Merci Arsène“.