Missverständnis Moyes muss bei Man United gehen
Manchester (dpa) - Aus dem von Sir Alex Ferguson selbst Auserwählten ist in Old Trafford der Geschasste geworden: Nur zehn Monate nach seinem Amtsantritt ist Coach Moyes den Job als Trainer beim englischen Fußball-Rekordmeister Manchester United wieder los.
Englische Medien hatten bereits einen Tag nach der elften Saison-Niederlage des ruhmreichen Clubs in der Premier League beim FC Everton (0:2), über das Aus für Moyes spekuliert. United bestätigte die Trennung am 22. April auf der vereinseigenen Homepage und gab bekannt, dass der bisherige Spieler und Co-Trainer Ryan Giggs als Interimstrainer fungieren werde, bis ein Nachfolger gefunden ist.
Der ebenfalls umstrittene Vorstandschef Ed Woodward soll Moyes zuvor auf dem Trainingsgelände in Carrington über die Entscheidung informiert und damit ein großes Missverständnis beendet haben. „Moyes' Kurs war so weit gefallen, dass einige seine Entlassung für einen Akt der Güte hielten. Sie konnten ihn leiden sehen und wollten seine Reputation nicht noch weiter zerstören. Es gab ein wachsendes Gefühl, man müsse ihn vor der Grausamkeit und dem Spott retten“, schrieb der „Daily Telegraph“ nach der Trennung.
Ferguson hatte in 26 Jahren 38 Titel mit ManU gewonnen. In seiner letzten Saison holte der Club mit elf Zählern Vorsprung die Meisterschaft. Dass diese Dominanz maßgeblich dem Erfolgstrainer zu verdanken war, hatte zwar auch die US-amerikanische Besitzerfamilie Glazer schon vor dem Ferguson-Abschied geahnt, dass der Verein unter Moyes aber zum freien Fall ansetzt, war den Club-Bossen nun offensichtlich zu viel. Der „Independent“ erklärte, die Glazers hätten schon im Februar einer Entlassung zugestimmt. Bloß um Abfindungszahlungen zu reduzieren, habe man bis zum jetzigen Zeitpunkt gewartet.
Der 50 Jahre alte Schotte, der in elf Jahren als Everton-Coach keinen Titel gewonnen hatte, war der großen Aufgabe nicht gewachsen. Im Nachhinein müssen die Club-Bosse anerkennen, dass es ein Fehler war, Ferguson seinen Landsmann anheuern zu lassen, statt die Fühler selbst nach einem namhafteren Nachfolger auszustrecken.
Die sportlich verkorkste Saison hat ManUnited in der Tabelle mit 23 Punkten Rückstand auf Spitzenreiter FC Liverpool auf den siebten Rang geführt. Im FA-Cup und im Liga-Pokal war der Verein bereits frühzeitig gegen Außenseiter ausgeschieden. Zuletzt kam das Aus im Viertelfinale der Champions League gegen den FC Bayern München.
Obwohl Moyes in 51 Spielen nur 27 Siege feiern konnte, standen die Anhänger lange zu ihm. Erst Ende März gab es Protest. Einige Fans hatten ein Flugzeug gechartert, das ein Plakat über das Stadion zog, auf dem die Trennung vom Coach gefordert wurde.
Experten hatte sich da schon lange gewundert, dass der Coach offenbar nicht in der Lage war, seine beste Mannschaft zu finden. In allen 51 Partien schickte er eine andere Startformation ins Rennen. Zudem sorgten seine Analysen nach Niederlagen für Verwunderung. „I thought, we played well (Ich dachte, wir hätten gut gespielt)“, hatte er oft gesagt - zu oft.
Durch die jüngste Pleite in Everton steht nun fest, dass der Club die Champions League in der neuen Saison verpasst. 18-mal in Folge hatte er sich zuvor qualifiziert. Ob United in vier verbleibenden Spielen wenigstens die Europa-League-Teilnahme einspielen kann, ist bei zwölf Zählern Rückstand auf den Fünften FC Everton mehr als fraglich. Die „Sun“ schrieb, dass die einstigen Titelhamster möglicherweise zum ersten Mal seit 1981/82 in Europa fehlen werden.
Moyes hatte zudem eine Reihe von Negativ-Rekorden aufgestellt. Unter den sechs Heimniederlagen war die erste überhaupt gegen Swansea und die erste gegen Newcastle seit 1972. Nie zuvor hatte United gegen Everton, Liverpool und ManCity in einer Saison je zweimal verloren. Zudem steht schon jetzt fest, dass der Club die Runde mit der schwächsten Punkteausbeute seit der Einführung der Premier League beenden wird. Trotz des Sechsjahresvertrags kommt das vorzeitige Aus für Moyes nicht überraschend.