MLS: Von der Operettenliga zu Klinsmanns Talentepool
Boston (dpa) — Sie wird oft belächelt und mag bei Europäern immer noch als Operetten-Liga gelten. Doch in ihrer beginnenden 19. Saison hat die Major League Soccer (MLS) mittlerweile Amerikas größte Fußball-Stars zu bieten.
Die MLS ist zu einem unverzichtbaren Talentepool für Jürgen Klinsmann geworden und bekommt deshalb vom US-Nationaltrainer viel Lob. „Es hat sich qualitativ viel getan. Das ist positiv für den gesamten amerikanischen Fußball“, so Klinsmann.
Die Liga hat in Landon Donovan (Los Angeles Galaxy), Clint Dempsey (Seattle Sounders) und Michael Bradley (Toronto FC) nicht nur die bekanntesten Gesichter des US Soccer zu bieten, sondern stellt mit dem Trio auch Klinsmanns Mittelfeldachse für die Weltmeisterschaft in Brasilien. „Die MLS hat es geschafft, Idole wie Clint und Michael zurück nach Amerika zu holen — und das für richtig viel Geld“, betont Klinsmann. Allerdings dürfte dem Schwaben Dempseys Wechsel von Tottenham Hotspur nach Seattle im Vorjahr sowie Bradleys Weggang vom AS Rom nicht wirklich gepasst haben. Schließlich lautet Klinsmanns Credo, sich stets und ständig mit den Besten zu messen — und das sind nun einmal die Profis in den europäischen Ligen.
Doch auch die MLS macht Fortschritte und rückt immer mehr ins öffentliche Bewusstsein. Mit ganzen Anzeigenseiten in Magazinen und sogar Video-Werbung am New Yorker Times Square wurde auf das „opening match“ zwischen Seattle und Titelverteidiger Sporting Kansas City hingewiesen. Dabei ist sich die Liga natürlich darüber im Klaren, dass für die Fußball-Fans zwischen New York und Los Angeles die WM in Brasilien das Jahres-Highlight ist. Und deshalb bezog sie das globale Großereignis geschickt in ihre PR-Maßnahmen mit ein.
„Für Verein und Land“ lautet ein Werbeslogan, „Alles beginnt hier“ ein weiterer. Es ist eine Anspielung auf die gestiegene Anzahl von MLS-Spielern im Nationalteam. Vor vier Jahren kamen bei der WM in Südafrika lediglich vier der 23 US-Kicker aus Vereinen der hiesigen Liga. Diesmal könnte es gut sein, dass beim ersten Gruppenspiel am 16. Juni in Natal gegen Ghana mehr MLS-Profis als Spieler aus europäischen Ligen in der US-Startelf stehen. Neben Donovan, Bradley und Dempsey dürfen sich Omar Gonzalez, Matt Besler, Brad Evans und Graham Zusi berechtigte Chancen auf einen Stammplatz ausrechnen.
Einen Fingerzeig gab es schon am Mittwoch. Nach dem 0:2 im Test gegen die Ukraine hob Klinsmann hervor, dass er „definitiv“ seine MLS-Akteure vermisst habe. Aufgrund des Ligastarts hatte er bis auf Dempsey keinen Nordamerika-Profi berufen, sondern sich auf Spieler aus den europäischen Ligen konzentriert. „Jürgen braucht sich um die MLS-Spieler keine Sorgen zu machen“, betont Galaxy-Coach Bruce Arena. Er war bei der WM 2002 und 2006 US-Chefcoach. Arena verweist darauf, dass die MLS-Profis jetzt in die Saison starten, die Spieler aus den europäischen Ligen hingegen den Winter über keine oder kaum eine Pause hatten. „Unsere Jungs sind ausgeruht und zur WM in großartiger Form, die Europäer hingegen haben dann eine lange, anstrengende Saison hinter sich. Sie sind ausgelaugt“, meint Arena.
Nicht mehr ganz so frisch ist auch Thierry Henry. Der französische Torjäger in Diensten der New York Red Bulls ist nach wie vor der prominenteste Profi der MLS. Henry geht ins letzte Jahr seines 2010 unterzeichneten Vertrages. Im August wird er 37 Jahre alt, ein Karriereende ist absehbar. Und deshalb schrieb die Tageszeitung „USA Today“ bereits: „Schaut ihn euch an, so lange er noch da ist.“ Er wolle Spaß haben, liebe das Spiel immer noch, betonte der Welt- und Europameister. Und Henry will endlich Meister werden. „Der Titel würde die Welt für mich bedeuten.“