Nach 2:6-Debakel: „Finale“ gegen die Türkei

Wien (dpa) - Abhaken, letzte Reserven mobilisieren und attackieren: Das 2:6-Debakel gegen Deutschland steckt Österreichs gedemütigten Fußballern noch in den Knochen. Doch im Kampf um die letzte EM-Hoffnung wollen Fuchs und Co. nicht erneut wie die Kaninchen vor der Schlange erstarren.

„So absurd es klingt, aber wenn wir jetzt die Türkei klar schlagen, haben wir noch die Chance“, sagte Leo Windtner, Präsident des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB). „Wir müssen gegen die Türkei ein ganz anderes Gesicht zeigen und uns mehr zutrauen“, forderte Kapitän Christian Fuchs vor dem entscheidenden Duell am Dienstag in Wien.

Nur mit einem Sieg würde die Auswahl von Teamchef Dietmar Constantini die Minichance wahren, den Türken noch den zweiten Platz in der Gruppe wegzuschnappen und die Playoff-Spiele zu erreichen. Aus eigener Kraft kann das ÖFB-Team das Ticket für die EM 2012 in Polen und der Ukraine aber auch dann nicht mehr lösen, wenn der direkte Vergleich nach dem 0:2 im Hinspiel in Istanbul gewonnen wird.

Um das „Wunder von Wien“ zu schaffen, müssen sich die Österreicher anders als am Freitag in Gelsenkirchen präsentieren. Da wurden sie vom Deutschland-Express überrollt. „Unser Plan war, Deutschland unter Druck zu setzen. Das ist uns nie wirklich gelungen“, gestand Fuchs. Ausgerechnet in seiner neuen Heimstätte erwischte auch der 25 Jahre alte Schalker Linksverteidiger einen schwarzen Abend. So galt die Kritik von Fuchs an der Defensive um Hannovers Emanuel Pogatetz wohl auch sich selbst. „Wir sind zum Teil durch die Gegend gelaufen wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen.“

Dem Angriffswirbel und der Tore-Gala von Miroslav Klose, dem überragenden Mesut Özil (2), Lukas Podolski sowie Andre Schürrle und Mario Götze hatte die mit sieben Bundesliga-Legionären angetretene ÖFB-Auswahl kaum etwas entgegenzusetzen. Die Treffer von Rückkehrer Marko Arnautovic und Martin Harnik waren nur Ergebniskosmetik.

„Wir waren chancenlos“, gestand der Stuttgarter Harnik, der neben dem nach fünf Monaten begnadigten Bremer Arnautovic und Bayern-Profi David Alaba zu den wenigen Lichtblicken gehörte. „So wie wir gespielt haben, war das nicht akzeptabel“, meinte Arnautovic.

Der Dritte der Welt sei „einfach zu stark“ gewesen“, befand Constantini. „Das Ergebnis ist schlimm, aber wir hätten auch noch mehr Tore bekommen können. Jeder hat gesehen, dass ein Riesen-Unterschied zwischen Deutschland und Österreich besteht“, sagte der Teamchef: „Gegen die Türkei dürfen wir nicht so viele Eigenfehler machen und müssen schauen, dass wir Tore schießen.“

Dazu beitragen soll der Neu-Salzburger Stefan Maierhofer. Constantini nominierte den Ex-Duisburger als weiteren Stürmer nach, weil der Einsatz des gegen Deutschland fehlenden Marc Janko (Adduktorenprobleme) weiter unsicher ist.

Derweil gingen die Medien hart mit der Elf und Constantini ins Gericht. „2:6-Pleite: Todes-Stoß für Didi“, schrieb das Boulevardblatt „Österreich“ am Samstag und forderte erneut die Ablösung des 56-Jährigen. Die „Kronenzeitung“ beklagte das „defensive Chaos“.

Dennoch bleibt Constantini (noch) im Amt, wie Windtner betonte. Eine Trainer-Diskussion lehnt der ÖFB-Chef vor dem Türkei-Match als „kontraproduktiv“ ab. Gleichwohl gilt die Partie auch für den Coach als Endspiel. Zwar will dieser seinen Ende des Jahres auslaufenden Vertrag erfüllen, ist aber realistisch. 2011 kassierte seine Elf sechs Niederlagen, nur ein 3:1-Sieg gegen Lettland gelang. „Meine Bilanz ist nicht unbedingt gut“, räumte Constantini ein. „Es ist immer dasselbe: Wenn ein Trainer nicht gewinnt, wird er entlassen.“