Österreich-Debakel - Fuchs: „Wie ein Hühnerhaufen“

Gelsenkirchen (dpa) - Die Vorsätze waren ehrenwert, die Umsetzung und das Ergebnis eine Katastrophe. Österreich ist im deutschen Angriffswirbel untergegangen und muss die Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine trotz einer Minichance wohl abhaken.

„Unser Plan war, Deutschland unter Druck zu setzen. Das ist uns aber nie wirklich gelungen“, gestand der frustrierte Schalker Christian Fuchs nach dem 2:6 (1:3)-Debakel gegen Özil und Co. in Gelsenkirchen. Ausgerechnet in seiner neuen Heimstätte erwischte der 25 Jahre alte Linksverteidiger des Revierclubs einen rabenschwarzen Abend, wurde von Bayern-Profi Thomas Müller schwindelig gespielt. So galt die Kritik von Fuchs an der Defensive um Hannovers Emanuel Pogatetz wohl auch sich selbst. „Wir sind zum Teil durch die Gegend gelaufen wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen.“

Schon nach 28 Minuten lag die mit sieben Bundesliga-Legionären angetretene Auswahl von Dietmar Constantini nach Toren von Miroslav Klose, des überragenden Mesut Özil und Lukas Podolski aussichtslos hinten. Selbst die Treffer von Rückkehrer Marko Arnautovic (zum 1:3) und Martin Harnik (zum 2:4) gaben den vorgeführten Alpenkickern kein Selbstbewusstsein. Ozil sowie Andre Schürrle und Mario Götze machten das Debakel perfekt. Fuchs und Co. erstarrten wie die Kaninchen vor der Schlange und sahen dem lustvollen Treiben der Deutschen zu. „Vielleicht haben sich einige von der Kulisse beeindrucken lassen“, mutmaßte der Schalker nach der Lehrstunde vor 53 313 Fans.

„Auch ein 3:4 wäre sich nicht mehr ausgegangen, weil Deutschland einfach zu stark war. Das Ergebnis ist schlimm, aber wir hätten auch noch mehr Tore bekommen können“, räumte Teamchef Constantini ein. „Jeder hat gesehen, dass ein Riesen-Unterschied zwischen Deutschland und Österreich besteht. Wir haben zu viele Eigenfehler gemacht.“

Die Medien gingen hart mit der Elf und Constantini ins Gericht. „2:6-Pleite: Todes-Stoß für Didi“, forderte das Boulevardblatt „Österreich“ erneut die Ablösung des 57-Jährigen. „Der Sparringspartner war mit 2:6 noch gut bedient“, beklagte die „Kronenzeitung“ das „defensive Chaos“.

Dennoch bleibt Constantini vorerst im Amt. Der Präsident des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB), Leo Windtner, will vor dem entscheidenden Duell gegen die Türkei am Dienstag in Wien keine Trainer-Diskussion aufkommen lassen: „Es wäre kontraproduktiv, jetzt Unruhe reinzubringen. Die volle Konzentration gilt dem Türkei-Match.“

Constantini will den Ende des Jahres auslaufenden Vertrag erfüllen, sieht seine Zukunft aber realistisch. In sieben Spielen 2011 kassierte sein Team sechs Niederlagen, nur ein 3:1-Sieg gegen Lettland steht zu Buche. „Meine Bilanz ist nicht unbedingt gut“, räumt der Teamchef ein. „Es ist immer dasselbe: Wenn ein Trainer nicht gewinnt, wird er entlassen.“

Harnik erklärte die Blamage vor allem mit der Stärke des Gegners. „Spanien und Deutschland sind zurzeit die mit Abstand besten Mannschaften. Wir waren chancenlos“, gestand der Stuttgarter, der neben dem begnadigten Bremer Arnautovic und dem Münchner David Alaba zu den wenigen Lichtblicken gehörte. „So wie wir gespielt haben, war das nicht akzeptabel“, meinte Arnautovic, der sich nach fünfmonatiger Abstinenz mit einem Tor und einer Vorlage zurückmeldete. „Aber das nützt nichts. Wir haben verloren.“

So bleibt die EM 2012 wohl ein Traum. Um die Minichance auf den zweiten Gruppenplatz und die Playoff-Spiele noch zu wahren, wäre ein Sieg Osterreichs (7) gegen die Türken (13) Voraussetzung. Windtner klammert sich an den letzten Strohhalm: „So absurd es klingt, aber wenn wir jetzt die Türkei klar schlagen, haben wir noch die Chance.“