Rainer Zobel bleibt Fußball in Ägypten treu

Braunschweig (dpa) - Wenn Rainer Zobel auf dem Fußballplatz von El Gouna steht, verbreiten sich dort manchmal auch die großen politischen Themen. Wichtige Entwicklungen in Ägypten - wie die Festnahme eines Muslim-Oberhauptes - machen auch schnell beim Training die Runde, erzählt der erfahrene Coach.

Den Spielern falle es schwer, sich bei all den Nachrichten „auf den Fußball zu konzentrieren“. „Denn sie haben natürlich Verwandte - Eltern, Kinder und Frauen - in den Gebieten, in denen es zu Unruhen kommt“, schildert der 64-Jährige. „Bislang ist Gott sei Dank keinem der Angehörigen oder Freunde unserer Spieler etwas passiert.“

In Ägypten ist ein Kampf um die Macht entbrannt. Es kommt zu Gewalt zwischen Anhängern und Gegnern der entmachteten Islamisten-Regierung, in Großstädten ist eine Ausgangssperre verhängt. In so einem instabilen Land zu leben, ist gewiss nicht angenehm. Von den Unruhen bekomme er direkt aber „recht wenig“ mit, erzählt Zobel.

In El Gouna am Roten Meer laufe das Leben ziemlich normal weiter. „Es ist schon sehr eigenwillig, wenn man auf dem Meer die Kitesurfer sieht und die Urlauber, die ihr Leben genießen - wenn man weiß, dass es einige Hundert Kilometer entfernt viele Tote gibt“, beschreibt der Weltenbummler im Interview der Nachrichtenagentur dpa, als er sich eine kurze Auszeit in Braunschweig gönnt.

Ab Sonntag will er wieder mit seiner Mannschaft im heißen El Gouna morgens und abends bei der Saison-Vorbereitung schwitzen. Wann die Liga genau losgeht, weiß er nicht. Einen pünktlichen Saisonstart stellt Zobel infrage: „Am 15. oder 25. Oktober soll eigentlich die Liga starten. Das wage ich mal zu bezweifeln“, meint er, „weil ich nicht glaube, dass bis dahin die Ruhe im Land so hergestellt ist, dass die Polizei auch wieder gewährleisten kann, dass diese Spiele stattfinden können.“ Die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen sind nach seiner Ansicht bis dahin nicht zu regeln.

Fehlende Sicherheitskräfte führten schon in der vergangenen Spielzeit zum Abbruch. Es war die erste Spielzeit seit den bislang blutigsten Krawallen in der ägyptischen Fußballgeschichte gewesen. Seit diesem 1. Februar 2012, der weltweit Entsetzen auslöste. Nach einem Fußballspiel in Port Said zwischen den rivalisierenden Clubs Al-Masri und der Gastmannschaft Al Ahli aus Kairo starben bei Gewaltexzessen mehr als 70 Menschen, rund 1000 wurden verletzt.

Ein Jahr stand die ägyptische Liga danach still. Dabei besitzt der Fußball auch in Ägypten einen hohen Stellenwert. „Da spielen Anhängerschaften von ‎irgendwelchen Parteien oder von irgendwelchen Bewegungen keine Rolle. Das ist weltweit so und auch in Ägypten. ‎Da liegen sich die Menschen in den Armen, wenn ein Tor fällt“, so Zobel.

Wegen der langen Pause nach der Katastrophe in Port Said hat das Niveau der Liga gelitten, findet Zobel, der auch schon Al Ahli betreute. „Viele ausländische und ägyptische Spieler sind ins Ausland gegangen, um Fußball zu spielen.“

Zobel plant erst einmal nicht, Ägypten zu verlassen. „Ich habe meinen Job da, ich habe auch keine Angst in der Region, also muss ich meinen Job zu Ende machen“, erklärt der Familienvater. Seine Frau und zwei Söhne leben in Deutschland und kommen nur zu Besuch. „Sie wissen, dass ich vorsichtig bin, dass ich kein Draufgänger bin“, erzählt er, „sondern ein Mensch, der mit einer gesunden Angst ausgestattet ist“. Die Hoffnung bleibt, dass sich die Nachrichten auf dem Trainingsplatz irgendwann wieder nur um Fußball drehen.

Fußball-Trainer Rainer Zobel im Kurzporträt:

Geboren: 3. November 1948 in Wrestedt

Stationen als Profispieler:

1968 - 1970 Hannover 96 1970 - 1976 Bayern München

Erfolge als Spieler:

dreifacher deutscher Meister (1972, 1973, 1974) DFB-Pokalsieger (1971) dreifacher Europapokalsieger der Landesmeister (1974, 1975, 1976)

Stationen als Trainer:

1990 - 1992 Stuttgarter Kickers 1992 - 1993 1. FC Kaiserslautern 1994 - 1995 1. FC Nürnberg 1996 - 1997 Tennis Borussia Berlin 1998 - 2000 Al Ahly Kairo / Ägypten 2000 - 2001 Stuttgarter Kickers 2002 Bani Yas / Abu Dhabi 2002 - 2003 Ittehad Alexandria / Ägypten 2004 - 2005 Persepolis Teheran / Iran 2006 Al-Sharjah / Vereinigte Arabische Emirate 2006 - 2007 ENPII Kairo 2008 Dynamo Tiflis / Georgien 2009 - 2010 Moroka Swallows Johannisburg / Südafrika 2013 El Gouna FC / Ägypten

Erfolge als Trainer:

dreifacher ägyptischer Meister (1998, 1999, 2000) Arabischer Supercup-Sieger (1998) Georgischer Supercup-Sieger (2008)