Schäfer will mit Jamaika „mehr, mehr, mehr“
Antofagasta (dpa) - Manchmal wähnt sich Winfried Schäfer im Paradies. Der Job als Cheftrainer der jamaikanischen Fußball-Nationalmannschaft garantiert ihm schließlich seit zwei Jahren ein Leben ganz nach seinem Gusto: Sommer, Sonne und Karibik-Feeling.
Im Fußball sind derart herrliche Zustände in Jamaika aber noch lange nicht erreicht. Der mit Abstand größte Erfolg war die Qualifikation für die WM 1998. Nun soll bei der Copa América endlich der nächste Coup folgen.
„Natürlich ist das noch immer frisch, und die Menschen reden immer noch darüber“, sagt Schäfer mit Blick auf die einzige WM-Teilnahme. „Aber im Fußball sind 17 Jahre sehr viel. Deshalb arbeiten wir, um den Jamaikanern eine weitere Erinnerung zu schenken.“ Am Samstag (21.00 Uhr MESZ) startet sein Team im chilenischen Antofagasta gegen Uruguay in die Copa. In der schweren Gruppe B müssen neben dem Rekord-Copa-Sieger auch Argentinien mit Lionel Messi und Paraguay ausgeschaltet werden.
„Ich habe vor niemandem Furcht. Das ist Fußball und ich denke immer, dass wir gewinnen werden. Ich glaube, dass wir zum Beispiel auch gegen Argentinien gewinnen können“, sagt er.
Weltenbummler Schäfer aus dem badischen Ettlingen peilt mit dem Weltranglisten-65. im Anden-Staat das Viertelfinale an. Dafür braucht das Insel-Team mindestens den zweiten Gruppenrang - außerdem kommen auch die beiden besten Dritten der drei Gruppen á vier Teams weiter.
„Fußball ist offen, du weißt es nie“, betont „Winnie“ Schäfer. Bei der Copa-Premiere wollen die Reggae-Boys als Gast-Team überraschen. Dabei ist die südamerikanische Kontinentalmeisterschaft für sie erst der Auftakt in einen hektischen Sommer: Am 7. Juli startet der Gold Cup in den USA und Kanada, die Kontinentalmeisterschaft für Nord- und Mittelamerika. Im August und September folgt für den Karibik-Meister die WM-Qualifikation und 2016 in den USA die Copa América Centenario, die gesamtamerikanische Meisterschaft.
„Jedes Mal will ich mehr, mehr, mehr“, beschreibt der 65-Jährige mit der inzwischen weiß-blonden Mähne. „Wir müssen arbeiten, ich will keinen Stillstand“, fordert er. Zählen kann Schäfer dabei auf den Jamaikaner Daniel Gordon vom Zweitligisten Karlsruher SC. Bei den Badenern erlebte Schäfer einst selbst glorreiche Zeiten.
Als Trainer betreute er dort spätere Stars wie Oliver Kahn und Mehmet Scholl. Doch in der Bundesliga ist Schäfer längst nicht mehr gefragt. Seine Auslandsjobs seit 2001 lesen sich wie der Katalog eines Reiseanbieters: Kamerun, Vereinigte Arabische Emirate, Aserbaidschan, Thailand und seit Sommer 2013 Jamaika.
Der jamaikanische Verband ist von den Fähigkeiten des früheren Profis von Borussia Mönchengladbach überzeugt. „Das Team hat ein großartiges Potenzial, aber wegen der negativen Ergebnisse in der Vergangenheit haben die Spieler das Selbstvertrauen verloren“, meint Schäfer. Nichtsdestotrotz glaubt er an den „Mannschaftsgeist, den starken Willen und die exzellenten physischen Fähigkeiten“ seines Underdog-Teams.
Bis 2018 läuft nach seinen Angaben sein Vertrag in Jamaika noch. Genug Zeit, um zu überraschen. „Wir wissen, dass wir mit einem Nachteil starten, aber immerhin: Es gibt niemanden, der die Außenseiter nicht liebt, mich eingeschlossen. Ich mag es, diese Rolle zu spielen“, sagt Schäfer.