Sieg gegen Polen ist für England Pflicht
London (dpa) - Roy Hodgson war zufrieden. Wenigstens für den Moment. Nach dem 4:1 (0:0) der englischen Fußball-Nationalmannschaft im vorletzten Qualifikationsspiel zur Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien gegen Montenegro saß der Coach in den Katakomben des Wembleystadions und lächelte vergnügt.
Angesichts des überzeugenden Auftritts der Three Lions war das verständlich. Im nächsten Augenblick jedoch war an der Mimik des 66-Jährigen zu erkennen, was er wie folgt in Worte fasste: „Wir wissen genau, dass wir unsere Arbeit bisher nur zur Hälfte erledigt haben.“
Einen Playoff-Platz haben die Engländer als Tabellenführer nach dem fünften Sieg im neunten Spiel der Gruppe H nun zwar sicher, um die direkte WM-Qualifikation zu garantieren, muss am Dienstag in London gegen Polen aber unbedingt ein Sieg her. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Ein Remis würde wohl den Umweg über die Entscheidungsspiele bedeuten, denn die Ukraine blieb dem Team von der Insel durch den 1:0-Erfolg gegen Polen dicht auf den Fersen. Nur ein Zähler trennt beide Teams vor dem letzten Spiel. Auf Schützenhilfe kann England nicht hoffen: Der Verfolger tritt zum Abschluss beim abgeschlagenen Schlusslicht San Marino an. In der Ukraine gab es für die Außenseiter ein 0:9. Seit 2004 hat die Truppe jedes einzelne Spiel verloren.
Kein Wunder also, dass sich Hodgson auf die eigene Aufgabe gegen Polen konzentriert. Vor der Partie gegen Montenegro hatte der Coach den kommenden Gegner am Freitag wenigstens ein paar Minuten lang im Fernsehen beobachtet. „Es wird nicht leicht. Wenn sie so gut spielen wie in dieser ersten Hälfte, wird es ein hartes Spiel“, meinte Hodgson. Nach neun Qualifikationsspielen ohne Niederlage ist der Trainer aber überzeugt, dass seine Mannschaft das große Ziel erreichen wird. „Ich vertraue meinen Spielern“, meinte er.
„Wir sind genau da, wo wir sein wollten. Wenn mir einer vorher angeboten hätte, dass wir Polen zu Hause schlagen müssen, um zur WM zu kommen, hätte ich das angenommen“, sagte Kapitän Steven Gerrard zur Ausgangssituation vor dem entscheidenden Spieltag.
Am Freitag wurde der zuletzt für seine übergroße Vorsicht kritisierte Hodgson für seine mutige Aufstellung belohnt. Der Coach hatte in der bedeutsamen Partie Neuling Andros Townsend von Tottenham Hotspur das Vertrauen geschenkt. Der 22-jährige Flügelspieler mit großem Offensivdrang überzeugte und wurde zurecht zum „Spieler des Spiels“ bestimmt. Das 1:0 durch Wayne Rooney in der 48. Spielminute hatte der Debütant mit einem beherzten Lauf eingeleitet, das 3:1 (78.) gleich selbst erzielt - zu einem Zeitpunkt, als die Engländer nach dem Anschlusstor von Demjan Damjanovic (71.) drohten, vom WM-Kurs abzukommen. Den Schlusspunkt setze Daniel Sturridge in der Nachspielzeit per Elfmeter. Ein Eigentor von Branko Boskovic (62.) hatte zuvor für den 2:0-Zwischenstand gesorgt.
Nach der gelungenen Premiere war Townsend natürlich überglücklich. „Ich bin im siebten Himmel. Es war ein großartiges Debüt und ein großartiges Tor“, sagte er. In der Tat war sein Treffer sehenswert. Mit vollem Risiko hatte er aus 25 Metern abgezogen. Innenpfosten. Rein. „Andros hatte große Wirkung. Es kann nicht leicht gewesen sein für ihn in solch einem Spiel. Er hat sich ein Lob verdient“, meinte Hodgson. Als er das sagte, lächelte er wieder vergnügt.