WADA: „Alarmierend“ Spaniens Fußball und das Problem im Anti-Doping-Kampf

Madrid (dpa) - Die Wahlheimat von Fußball-Stars wie Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Toni Kroos ist im Anti-Doping-Kampf inzwischen nur noch ein Entwicklungsland.

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Seit fast einem Jahr werden in Spaniens Profiligen nur noch sehr wenige Doping-Proben genommen, die darüber hinaus international nicht einmal gültig sind. „Absurd“, sei die aktuellen Situation, titelte die Zeitung „La Vanguardia“. Denn theoretisch könne ein in der Primera División des Dopings überführter Profi bei einem Champions-League-Spiel problemlos zum Einsatz kommen. Am Dienstag war immer noch keine schnelle Lösung für das Problem in Sicht, die Hauptverantwortlichen wollten keinen Kommentar abgeben.

Schuld an der Situation ist die Politik. Die spanische Regierung hatte sich mit der Anpassung der nationalen Gesetze an den schon seit 2015 geltenden neuen Code der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA zunächst viel Zeit gelassen. Zwischen Ende 2015 und Oktober 2016 gab es dann aufgrund einer politischen Pattsituation in Madrid plötzlich zehn Monate lang keine reguläre Regierung mehr. Gesetze durften nicht mehr verabschiedet werden, auch die Dopinganpassung blieb liegen.

Die Konsequenzen ließen nach Ablauf der Anpassungsfrist nicht lange auf sich warten. Spanien - ein Land, das unter anderem wegen des Riesenskandals um die berüchtigten Blutbeutel von Dopingarzt Eufemiano Fuentes stark vorbelastet ist - wurde im März 2016 von der WADA zu einem „nicht konformen“ Staat erklärt. Dem Madrider Labor wurde dann im Juni von der WADA die Zulassung entzogen. Unmittelbare Folgen hat dies für Spaniens Fußball jedoch noch nicht.

Die spanische Anti-Doping-Agentur (AEPSAD) bestätigte, dass in der laufenden Saison bis zum letzten Wochenende nur 57 Erstliga-Profis auf den Gebrauch von verbotenen Substanzen getestet worden seien. Die Ergebnisse wurden nicht bekannt. Zum Vergleich: Vergangene Saison wurden jeden Monat in der ersten und zweiten Liga im Schnitt 74 Dopingproben genommen. In Deutschland führte die Anti-Doping-Agentur NADA laut ihrem Jahresbericht 2015 insgesamt 1147 Kontrollen durch.

„Das Fehlen von Kontrollen in einem Land, das über eine der wichtigsten Fußball-Ligen der Welt verfügt, und das über einen Zeitraum von fast zwölf Monaten, ist alarmierend“, sagte ein WADA-Sprecher. „Und es trägt auch nicht gerade dazu bei, das Vertrauen in sauberen Sport zu stärken, in einem Moment, wo dies so dringend nötig wäre.“ Der spanische Verband RFEF und die Profiliga LFP gaben trotz Anfragen zunächst keine Stellungnahme ab.

In anderen Sportarten bekam das Land Hilfe durch internationale Verbände, im Fußball war das aber nicht der Fall. Sowohl der Weltverband FIFA als auch die Europäische Fußball-Union UEFA hätten bei den Tests Beistand leisten können, kritisierte die AEPSAD. „Beide lehnten es ab, eine solche Vereinbarung zu unterzeichnen. Die FIFA, weil sie ihre Kompetenzen nur im internationalen Fußball sieht, und die UEFA, weil sie meint, nur für Vereine, die an UEFA-Wettbewerben teilnehmen, verantwortlich zu sein“, klagte die nationale Agentur.

Seit dreieinhalb Monaten hat Spanien wieder eine voll funktionsfähige Regierung, die nationalen Gesetze wurden aber immer noch nicht angepasst. Warum, dazu hat sich Sportminister Iñigo Méndez de Vigo noch nicht geäußert. Dabei hatte der konservative Politiker (61) im Sommer 2016 „Null Toleranz gegen Doping“ angekündigt und dann im November die Anpassung der Gesetze an den WADA-Code als Priorität bezeichnet. Passiert ist seitdem jedoch nichts.

Bei der AEPSAD hofft man unterdessen, dass die Anpassung „bis Ende Februar“ erfolgt. So lange werden Messi, Ronaldo & Co. weiter nur bei internationalen Einsätzen echten Dopingkontrollen unterzogen.