Spaniens Nationalmannschaft „auf der Intensivstation“

Hamburg (dpa) - Oh weh statt olé España: Gut drei Monate nach dem peinlichen Vorrunden-Aus des entthronten WM-Titelverteidigers in Brasilien sind die Spanier auch in der Qualifikation zur Fußball-EM 2016 gedemütigt worden.

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„Nach der WM-Blamage befindet sich Spanien weiter auf der Intensivstation“, titelte „Marca“ nach dem 1:2-Rückschlag in der Slowakei. Nach 13 Siegen in Serie war es Spaniens erste Pleite in der EM-Ausscheidung seit 2006. Nach Toren von Juraj Kucka und Miroslav Stoch übernahmen die Slowaken (6 Punkte) überraschend die Tabellenspitze der Gruppe C vor den Iberern (3).

Aus „La Roja“ wird immer mehr „La Rota“, die Kaputte. Entsprechend überschlugen sich Spaniens Medien nach der vierten Pleite aus den letzten sechs Spielen mit Kritik. Zielscheibe ist vor allem Iker Casillas von Real Madrid: Nach Aussetzern bei der WM leitete der einstige Weltklasse-Keeper mit dem schlimmen Patzer beim 1:0 der Slowaken die Niederlage ein: „Iker zittert, Spanien stürzt ab“, befand „El Mundo“. „Iker patzt und La Roja macht sich lächerlich“, meinte „Sport“ und „As“ ätzte: „Spanien ist weiter bei der WM.“

Weder Trainer Vicente del Bosque noch die Spieler räumten derweil Schuld ein. „Nicht wir haben versagt, der Gegner hat Tugenden zur Schau gestellt. Es ist wahr, dass wir vorne klüger hätten agieren können, aber ihr Torwart war sehr gut“, sagte der Coach. Casillas nahm er in Schutz: „Beim Freistoß ist der Ball komisch geflogen.“ 1:1-Torschütze Paco Alcacer klagte: „Der Gegner hat vor allem in der ersten Halbzeit nichts gemacht und lag plötzlich in Führung.“ Und Abwehrmann Juanfran erklärte: „Wir hätten den Sieg verdient, aber der Torwart des Gegners hat das Spiel seines Lebens gemacht.“

Die meisten Medienbeobachter fordern von Del Bosque mehr Mut bei der Umstrukturierung des Teams, das zuletzt noch souverän die Titel (EM 2008/2012, WM 2010) geholt hatte. Die alte Garde um Casillas, Gerard Piqué und Andrés Iniesta wird immer heftiger kritisiert. „Die Mannschaft lebt von den Erfolgen der Vergangenheit und die viel geforderte Erneuerung ist nirgendwo zu sehen“, monierte der einflussreiche „Sport“-Kolumnist Josep Maria Casanovas.

Am Pranger steht auch Diego Costa: Der Stürmer, zuletzt bei Atletico Madrid (35 Saisontreffer) und nun beim FC Chelsea (9) für Tore am Fließband bekannt, hat in sechs Länderspielen nicht einmal getroffen. „Wir hatten in Zilina keinen Stürmer“, klagte „Sport“. Vor dem Match am Sonntag in Luxemburg, eigentlich ein Selbstgänger, sieht „Mundo Deportivo“ einen „Sturm heraufziehen“: Denn jeder gut eingestellte Gegner könne die wankenden Iberer derzeit in Gefahr bringen.

Noch schlechter als Spanien steht WM-Achtelfinalist Schweiz als Vorletzter der Gruppe E da: Nach zwei Spielen ohne Punkt und Tor gerät Hitzfeld-Nachfolger Vladimir Petkovic immer mehr unter Druck. Ging das 0:2 gegen England noch als Ausrutscher durch, sorgte das 0:1 in Slowenien für Alarmstufe 1. Einen mieseren Start hätte Petkovic nicht haben können. Zwei Pleiten am Stück gab es zuletzt 2010 - damals verpassten die Eidgenossen die EURO. „Und jetzt, Herr Petkovic? Der Horror-Start für den neuen Nationaltrainer ist Tatsache“, titelte die „Aargauer Zeitung“ und prophezeite dem Nachfolger von Ottmar Hitzfeld schwierige Zeiten.

Ein Elfmetertor des Ex-Kölners Milivoje Novakovic besiegelte den Rückschlag der Gäste, denen ihre schlechte Chancenverwertung zum Verhängnis wurde. Das muss schon am Dienstag besser werden: Gegen Fußball-Zwerg San Marino, der Gruppenprimus England 0:5 unterlag, müssen für Petkovic & Co. drei Punkte her.

Russland trauert nach dem 1:1 in Schweden zwei verlorenen Punkten nach. Die WM-Gastgeber von 2018 sind in der Gruppe G zwar weiterhin Tabellenführer, hatten in Stockholm aber mehrmals den zweiten Sieg im zweiten Spiel auf dem Fuß. „Ich bin glücklich mit der Leistung, aber nicht glücklich mit dem Ergebnis“, haderte Trainer Fabio Capello.