Ter Stegen bei Barça nach 0:4 in der Kritik
Bilbao (dpa) - Eine verunglückte Kopfballabwehr vor dem Strafraum: Damit leitete Torwart Marc-André ter Stegen ein historisches 0:4-Debakel des FC Barcelona im Hinspiel um den spanischen Supercup bei Athletic Bilbao ein - und bezog dafür am Tag danach herbe Medienschelte.
„Der Keeper gefällt sich darin, wie ein Feldspieler zu agieren und vergisst dabei, dass er den Ball auch in die Hand nehmen darf“, hielt die Zeitung „El Periódico“ dem deutschen Keeper vor.
Mit seinem Lapsus brachte er das Karussell von Fehlleistungen in der Barça-Abwehr in Gang. Die Katalanen können die Hoffnung auf einen sechsfachen Titelgewinn im Jahr 2015 fast schon aufgeben. Einen 0:4-Rückstand im Hinspiel haben sie noch nie wettgemacht.
Ter Stegen steht erstmals seit seinem Wechsel vor einem Jahr von Borussia Mönchengladbach zu Barça in Spanien öffentlich in der Kritik. Er hatte in der 14. Minute den Ball vor dem Strafraum mit dem Kopf abgewehrt. Das Leder landete im Mittelkreis vor den Füßen des Athletic-Verteidigers Mikel San José, der aus 47 Metern das Führungstor für Athletic erzielte.
Bei den drei weiteren Treffern, die Aritz Aduriz (53./62./67.) nach der Pause markierte, war der Torwart machtlos. Ihnen gingen eklatante Fehler in der Abwehr des spanischen Meisters und Champions-League-Siegers voraus. „Barça verteilt mehr Geschenke als der Weihnachtsmann“, witzelte das Sportblatt „Marca“. Und das nicht zum ersten Mal in der noch jungen Saison. Erst drei Tage zuvor hatten die Katalanen bei ihrem 5:4-Erfolg nach Verlängerung im europäischen Supercupfinale gegen des FC Sevilla vier Treffer kassiert. Acht Gegentore in zwei Spielen nacheinander - das hatte es bei den Blau-Roten zuletzt vor 14 Jahren gegeben.
Ter Stegen hatte sich das Ziel gesetzt, nicht mehr wie in der vorigen Saison nur im Pokal und in der Champions League das Barça-Tor zu hüten, sondern auch in den Punktspielen der Liga die Nummer eins zu sein. Um von Anfang an bei den Testspielen dabei zu sein, kehrte er vorzeitig aus den Ferien zurück und verzichtete auf elf Urlaubstage. Der Erfolg seiner Arbeit ist nun in Gefahr. „Der Konkurrent Claudio Bravo dürfte sich die Hände reiben“, vermutet die Zeitung „El Mundo“. Der Chilene hatte in der Sommerpause mit seiner Nationalelf die Copa América gewonnen und daher das Training bei Barça erst vor kurzem aufgenommen.
„Ich übernehme die Verantwortung für das Debakel“, erklärte Trainer Luis Enrique nach der Partie in Bilbao. Er hatte das Team nach den Strapazen der 120 Minuten gegen Sevilla in Tiflis gründlich umgebaut, weil er sich von den Reservisten neue Frische erhoffte. Die Rechnung ging im Stadion von Bilbao jedoch nicht auf. „Die Fußball-Kathedrale von San Mamés wurde für Barça zur Hölle“, titelte „El Periódico“. Luis Enrique gibt für das Rückspiel am kommenden Montag im Camp-Nou-Stadion die Hoffnung auf den Titelgewinn nicht auf. „Wenn eine Mannschaft in Europa ein 0:4 wettmachen kann, dann ist es der FC Barcelona“, meinte der Trainer. Dazu wird er aber in seinem Team einiges ändern müssen.