Torloser Einstand für Klopp - „Bin wirklich zufrieden“
London (dpa) - Jürgen Klopp konnte es nicht oft genug betonen. „Ich bin wirklich zufrieden“, sagt der neue Liverpool-Trainer fast beschwörend in die Mikrofone.
Vom Einstand des Ex-Dortmunders in der Premier League haben viele Engländer allerdings etwas anderes erwartet als ein torloses Unentschieden bei Tottenham Hotspur. „Liverpool geht beim Klopp-Debüt die Luft aus“, urteilt die „Times“ trocken. „The Normal One kann nicht zu einer außergewöhnlichen Leistung inspirieren“, schreibt das „Liverpool Echo“. Erste Kratzer am Messias-Image nach nur einem Spiel?
Beinahe flehend hat Dortmunds Meistertrainer, der Liverpool erst vor eine Woche von Brendan Rodgers übernommen hat, um Schonzeit für sich und seine Spieler gebeten. Die Briten scheinen trotz der Kritik am Samstagsspiel geneigt, sie ihm zu gewähren - vorerst. Ein „achtbares“ Unentschieden sei das, findet die BBC, „sie hätten wirklich nicht mehr geben können“, lobt der „Guardian“. Und die Fans wollen sich ihre Erlöser-Hoffnung ohnehin nicht so schnell nehmen lassen. Im Auswärtsblock schwenkten sie deutsche Fahnen, auf denen etwa „Mein Held“ stand oder „Jürgen Klopp - Wir glauben“.
Während des Spiels hält es den Neuen im schwarzen Trainingsanzug keine drei Minuten auf der Bank. „Come on“, ruft er, fuchtelt, pfeift durch die Zähne. Dieses Engagement kommt gut an: Klopp hätte „die Flutlichter mit Strom versorgen können“, so geladen sei er, schreibt die „Sun“. Und schreibt dem Deutschen, der sich selbst den Spitznamen „The Normal One“ - der Normale - verpasst hat, auch gleich ein Markenzeichen zu: Das begeisterte Klatschen über dem Kopf nach jedem gewonnenen Zweikampf und jeder herausgespielten Chance.
„Die Briten mögen starke Persönlichkeiten“, analysiert ein Fan des Londoner Gastgebers Tottenham. „Klopp ist so eine starke Persönlichkeit. Aber er braucht Zeit. Und Zeit ist immer knapp. Außerdem braucht er neue Spieler“. Viel klüger können die professionellen Analysten in Großbritannien das auch nicht ausdrücken.
Immerhin: Klopps als Wunder-Strategie gefeierte Kombination aus Pressing und Gegenpressing wird in Ansätzen schon sichtbar. „Vollgas-Fußball“ oder „Heavy-Metal-Football“ nennen sie das in England. Lob gibt es auch für DFB-Profi Can: „Klopp und Emre Can passen ganz offenbar zusammen, angesichts ihrer Nationalität und die Vergangenheit des Mittelfeldspielers in der Bundesliga“, findet etwa das „Liverpool Echo“. Klopp habe dem Deutschen auffallend häufig applaudiert.
Aber wie viel Zeit hat der Deutsche, um den sich - unter tatkräftiger Mithilfe seines neuen Vereins - ein echter Personenkult auf der Insel gebildet hat? Kommendes Wochenende steht das erste Heimspiel an, mit Southampton geht es gegen einen Gegner, der wie Liverpool 13 Punkte aus neun Spielen geholt hat. Auf der legendären Kop-Tribüne in Anfield werden sie dann endgültig mehr sehen wollen als ein 0:0.
Auf sein Spitznamen-Gegenstück trifft Klopp dann Ende Oktober bei Meister Chelsea: José Mourinho, selbst ernannter „Special One“ und einst ebenso gefeierter Neuzugang im englischen Oberhaus. Der Portugiese hat mit seinen Blues zwar bisher nur elf Punkte geholt, doch nach dem halbwegs souveränen Heimsieg gegen Aston Villa scheint das Team wieder auf einem guten Weg.
Klopp muss hoffen, dass seine Krankenliste bis dahin etwas schrumpft. Allein der Ausfall der Stürmer Christian Benteke, Roberto Firmino (vormals Hoffenheim) und Daniel Sturridge ist bitter. Er habe gedacht, er habe vier Stürmer zur Verfügung, sagt er nach der Partie gegen Tottenham. „Jetzt habe ich einen.“