Unruhe in England: Peinlichkeiten und royaler Beistand
London (dpa) - Als Aston-Villa-Fan und Ehrenpräsident des englischen Fußballverbandes ist Prinz William leidgeprüft. Und so witzelte der Enkel der Queen bei der Begegnung mit Ashley Cole: „Wenn du weiter so ein böser Junge bist, schalten wir dir deinen Twitter-Account ab.“
Das sorgte für reichlich Lacher bei der Eröffnung des super-modernen Trainingskomplexes „St. George's Park“. Auf einmal erschien es bloß ein Bubenstreich, dass Linksverteidiger Cole die FA via Twitter als „bunch of twats“ (Haufen von Deppen) bezeichnet hatte. In Feierlaune über das 130 Millionen teure Leistungszentrum und die hoffentlich glorreiche Zukunft wollte der Verband die Peinlichkeiten der vergangenen Woche am liebsten vergessen.
So sehr sehnt sich die FA um Verbandschef David Bernstein nach Image-Kosmetik des zuletzt von der John-Terry-Causa so arg überschatteten englischen Nationalteams. Und eigentlich war die Europameisterschaft schon ein Schritt in die richtige Richtung, als sich die Three Lions mit unverbrauchten jungen Gesichtern wie Theo Walcott und Danny Welbeck Sympathien erspielten. Und neben der Linie und in Interviews gab der gezielt als Inbegriff eines englischen Gentleman verpflichtete neue Nationaltrainer Roy Hodgson eine überaus höfliche, weltgewandte und harmlose Figur ab.
Doch ausgerechnet der 65-Jährige sorgte für den ersten Fauxpas der Vorwoche. Unbedarft-trottelig verriet er in der Londoner Tube Passanten, dass er tags darauf Rio Ferdinand nicht nominieren würde und dessen Nationalmannschaftskarriere wohl vorbei sei. Hodgson entschuldigte sich bei Ferdinand, sagte aber auch, die U-Bahn sei nun mal „die beste Möglichkeit für mich, nach London reinzufahren und dabei spreche ich lieber mit Leuten in der Tube, die mir Fragen stellen, als mich schmallippig zu weigern, meinen Mund zu öffnen“.
Und dann wurde am Freitag der Bericht zu den Ermittlungen des Verbandes gegen Ex-Kapitän Terry veröffentlicht - in der schier endlosen Affäre um dessen angebliche rassistische Äußerungen gegen Anton Ferdinand (Queens Park Rangers). Vier Pflichtspiele Sperre plus eine 280 000-Euro-Geldstrafe bekam der Chelsea-Verteidiger aufgebrummt, der schon nach der Anhörung aus Ärger über die FA zurückgetreten war. Dieser Bericht wiederum veranlasste Terrys Clubkameraden Cole am Freitag zu der Twitter-Tirade. Denn seine Pro-Terry-Aussage war darin als konstruiert hingestellt worden.
Wie würde die FA auf Coles Attacke reagieren? Mit einer Sperre im WM-Qualifikationsspiel am Freitag in Wembley gegen San Marino? Keineswegs. Bernstein verkündete zwar, dass es nun einen neuen Code of Conduct (Verhaltenskodex) für Nationalspieler gibt, Cole nach einer Entschuldigung aber ohne Strafe davon käme. Hodgson schien sehr erleichtert. Er soll Angst gehabt haben, dass der 98-fache Auswahlspieler - sollte man ihm eine Sperre aufbrummen - ebenfalls zurücktritt. Schon Terrys Abschied empfand er als herben Verlust.
Hodgson weiß schon so kaum, wem er am Freitag die Kapitänsbinde geben soll. Steven Gerrard ist noch gesperrt, der normalerweise als Ersatzkapitän vorgesehene Frank Lampard ist fraglich wegen einer Knieverletzung. Falls nun diese Routiniers mit untadeligem Image beide nicht dabei sind, würde gerne Wayne Rooney Verantwortung übernehmen. Als Vorbild für die Team-Youngsters wolle er so sein wie Eric Cantona einst bei Manchester United, sagte der 26-Jährige.
Rooneys Rückkehr - nach der erlittenen Schock-Fleischwunde am Oberschenkel - ist der personelle Lichtblick für Hodgson. Der Stürmerstar räumte indes am Dienstag selber ein, dass er im Trikot der Three Lions oft enttäuscht hat: „Ich hätte gern besser für England gespielt, aber aus irgendeinem Grund hat es nicht geklappt.“
Nun geht es also gegen den Fußball-Zwerg San Marino, den 207. der FIFA-Weltrangliste. Die „Sun“ spottete bereits, dass deren Mittelfeldmann Enrico Cibelli als Barkeeper arbeitet und Nationalcoach Gianpaolo Mazza eigentlich als Sportlehrer sein Geld verdient. Für England heißt es: Bloß nicht auch noch eine sportliche Blamage.