Weltenbummler Pfannenstiel in Brasilien
Belo Horizonte (dpa) - Selbst für den Weltenbummler Lutz Pfannenstiel ist der Confed Cup in Brasilien eine Abenteuerreise. Der frühere Torwart, der als einziger Fußballprofi der Welt in allen fünf Kontinenten gespielt hat, steht vor dem Hotel der Seleção in Belo Horizonte und hat viel zu erzählen:
Von seinen Erfahrungen inmitten einer gewalttätigen Demonstration, von lustigen Organisationspannen - und von seiner Hoffnung, dass die Weltmeisterschaft 2014 doch nur ein tolles Fest wird: „Nach dem, was ich hier erlebt habe, habe ich natürlich Bedenken. Aber trotzdem: Ich hoffe, dass die WM richtig gut wird.“ Pfannenstiel hat bei rund 25 Vereinen in zwölf Ländern gespielt - etwa in Malaysia, England, Singapur und Südafrika - und eben als einziger deutscher bezahlter Fußballer auch in Brasilien. Jetzt ist er als Scout des Bundesligisten 1899 Hoffenheim und ZDF-Mitarbeiter bei der WM-Generalprobe unterwegs, macht Drehs mit den brasilianischen Kickern Dede (früher Borussia Dortmund), Ronny (Hertha BSC) oder Raffael (Schalke 04).
Das Leben im Land des fünfmaligen Weltmeisters findet er eigentlich „super“. Aber die Massendemonstrationen der vergangenen Tage am Rande der WM-Generalprobe haben auch seine Erfahrungen geprägt. Auf seinem i-Phone zeigt er bedrückende Bilder von den Protesten vor dem Spiel Brasilien - Mexiko vor dem Stadion in Forteleza, wo es zwischen Demonstranten und Polizei zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen war. Pfannenstiel war mitten reingeraten. „Wir haben Verletzte gesehen, die Wunden an den Beinen hatten von den Gummigeschossen. Aber auch Menschen, die große Steine geworfen haben. Splitter von Blitzbomben haben hinter uns eingeschlagen.“
Als Pfannenstiel eine leere Tränengaspatrone aufhob und sie quasi als Beweisstück einstecken wollte, zwang ihn ein Polizist, sie herauszurücken. „Je näher diese Wand aus Polizisten mit ihren Schutzschildern an die Leute rückte, desto aggressiver wurden die.“
Ein Albtraum für Pfannenstiel, der über sein Leben als Global Player einmal sagte: „Ich brauche immer Träume, denen ich hinterherhecheln kann.“ Der frühere Keeper hat schon Dinge mitgemacht, die sein Leben verändert haben: In Singapur saß er 2000 verurteilt wegen Wettbetrugs für 101 Tage im Gefängnis, die Vorwürfe hat er stets bestritten. Bei einer Partie seines englischen Drittliga-Clubs Bradford Park Avenue brach er 2002 nach einem Zusammenstoß zusammen und war klinisch tot. Dreimal musste er wiederbelebt werden.
Brasilien ist kein unbekanntes Terrain für Pfannenstiel, hier spielte er 2008 für Club CA Hermann Aichinger. „99 Prozent der Demonstranten sind friedlich“, betont er. „Aber wenn die Politik in den nächsten sechs, acht Monaten keine Zeichen setzt, wenn nichts passiert, dann haben wir hier nächstes Jahr wieder die gleichen Bilder.“
Organisatorische Pannen im Land des WM-Gastgebers versetzen den einstigen Schlussmann von Wacker Burghausen, der so gerne wenigstens einmal („Und wenn es nur fünf Minuten wären“) in der Bundesliga gespielt hätte, nicht so schnell in Aufregung - höchstens mal in freudige Erregung: Beim Spiel Japan - Mexiko in Belo Horizonte führte ein Volunteer ihn und seinen Kollegen aus Versehen in eine edle Loge. „Nicht VIP, sondern VVIP“, erzählt Pfannenstil. „Es gab Champagner und Shrimps und alles, was man sich vorstellen kann. Wir waren natürlich hier, um das Spiel anzuschauen. Naja ... in der Halbzeit haben wir dann was gegessen.“