WM-Quali für Englands Gerrard ein „absolutes Muss“
London (dpa) - San Marino soll nicht schon wieder zum bösen Omen für Englands WM-Qualifikation werden. 1993 traten die Three Lions zuletzt zu einer Auswärtspartie gegen den Fußball-Zwerg an.
In Bologna gerieten sie hochpeinlich nach 8,3 Sekunden mit 0:1 in Rückstand. Torschütze war ein gewisser Davide Gualtieri. Bis heute laufen Schotten mit gehässigen „Gualtieri 8 seconds“-T-Shirts umher. Am Ende siegte England zwar noch 7:1, verpasste aber trotzdem tränenreich die Qualifikation für die WM in den USA.
Auch diesmal hat das Fußball-Mutterland sein Ticket für Brasilien 2014 längst noch nicht sicher - und ein hoher Sieg gegen den FIFA-Weltranglisten-207., der sich diesen letzten Platz mit Bhutan und den Turks-und Caicos-Inseln teilt, ist Pflicht. Für die Mini-Republik treten ein Olivenöl-Bauer, Elektriker und Studenten an. Seit 2004 plagt San Marino eine Torflaute. Englands in dieser Saison oft kritisierter Nationalkeeper Joe Hart unkte schon: „Wenn irgendwer gegen die ein Tor kassiert, dann hoffentlich nicht ich.“
Alles andere als eine erfolgreiche WM-Quali wäre ein Fiasko zum 150-Jahr-Jubiläum des englischen Fußballverbandes FA. „Es ist für mich persönlich von einem egoistischen Punkt aus betrachtet ein absolutes Muss, mich zu qualifizieren“, sagte Teamkapitän Steven Gerrard. „Es geht um die kleine Chance, als Held im England-Trikot zurückzukommen, was ich nie erlebt habe“, sagte der 32 Jahre alte Mittelfeldstar vom FC Liverpool. „Ich denke nicht, dass ich mir je bei Weltmeisterschaften gerecht geworden bin. Ich denke nicht, dass irgendein englischer Spieler dieser Generation das sagen kann.“
Aber der Weg nach Brasilien ist noch richtig steinig: Nach vier Spieltagen sind die Three Lions nur Zweiter der Gruppe H mit zwei Zählern Rückstand auf Montenegro. Das Duell mit dem Balkan-Staat am Dienstag in Podgorica wird das wegweisende Gruppenspiel. Beendet man die Gruppe lediglich auf Platz zwei, könnten im Playoff-Spiel Gegner wie Kroatien, Frankreich oder Portugal warten.
Zu allem Überfluss plagen Nationalcoach Roy Hodgson reichlich Personalsorgen. Mittelfeld-Jungstar Jack Wilshere vom FC Arsenal, der bei Englands Mut machendem 2:1-Testspielsieg gegen Brasilien in Wembley sogar Neymar blass aussehen ließ, fällt bis auf weiteres wieder aus. In der Innenverteidigung musste Hodgson gar die drei Absagen von Gary Cahill (FC Chelsea), Michael Dawson (Tottenham Hotspur) und des wieder berufenen Rio Ferdinand (Manchester United) verkraften. „Das ist nicht lustig. Wenn drei oder vier Spieler auf derselben Position ausfallen, bereitet das jedem Team der Welt Probleme“, warnte Mittelfeld-Dauerbrenner Frank Lampard.
Bei Cahill besteht noch etwas Hoffnung, dass seine Knieverletzung bis zur Montenegro-Partie abgeklungen ist. Für Unruhe gesorgt hat mal wieder die Personalie Ferdinand. Nachdem Hodgson ihn im Vorjahr nicht mit zur EM genommen und noch vor sechs Monaten Leuten in der U-Bahn erzählt hatte, dass Ferdinands England-Karriere wohl zu Ende sei, nominierte er den 34-Jährigen aus Personalnot heraus überraschend wieder. Aber offenbar, ohne sich vorher mit ManUnited abzustimmen.
Ferdinand betonte nebulös, wie gern er wieder für sein Land spielen würde, sein spezielles medizinisches Programm im Club ihn aber leider zur Absage zwinge. Ein 15-Stunden-Roundtrip nach Doha schadet dem Rücken-Reha-Programm indes offenbar nicht - da ist Ferdinand nun als TV-Experte für das San-Marino-Spiel im Einsatz.