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WM-Uhr tickt: In Brasilien wird's langsam ernst

Rio de Janeiro (dpa) - Erst vor einigen Wochen äußerte sich FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke recht drastisch über WM-Gastgeber Brasilien. „Wir haben keine Stadien. Wir haben keine Flughäfen“, beschied der Franzose knapp und bündig den WM-Organisatoren.

Die Einschätzung war zwar übertrieben. „Aber manchmal muss sich die FIFA beim Gastgeberland Aufmerksamkeit verschaffen“, begründete auch FIFA-Präsident Joseph Blatter in Rio derartige Rüffel. Ob das Eindruck macht, bleibt abzuwarten. Die Arbeiten kommen erst langsam in Gang.

Spektakulärstes Beispiel dürfte São Paulo sein. Nicht nur, dass die größte und reichste Stadt Brasiliens mit seinem Kandidaten, dem Morumbi-Stadion, wegen mangelnder Finanzgarantien 2010 aus der WM-Planung flog. Auch das neue Projekt ist schon gewaltig in Verzug. Im Osten der Elf-Millionen-Metropole soll für umgerechnet mindestens 366 Millionen Euro das vom Erstliga-Club Corinthians geplante und hauptsächlich mit Steuergeldern finanzierte Stadion „Itaquerão“ entstehen. Die Bauarbeiten haben erst im Mai begonnen. Geplantes Bauende: Dezember 2013.

Damit ist São Paulo, das sich als WM-Eröffnungsstandort wähnt, auf jeden Fall raus aus dem Confederations Cup, den Brasilien 2013 ausrichtet. Rios legendäres Maracanã-Stadion hat dagegen gute Chancen, an dem Testlauf ein Jahr vor WM-Anpfiff teilzunehmen. Der Fußballtempel in der Stadt am Zuckerhut wird seit Monaten - wieder einmal - grundrenoviert mit stetig steigenden Kosten, die inzwischen bei 416 Millionen Euro angekommen sind. Die Dachabdeckung und der Tribünenbereich werden erneuert, es gibt ein neues Restaurant, zudem Bars, eine Großküche und auch ein neues Pressezentrum für bis zu 3000 Medienvertreter.

Wie bei Brasiliens erster und bislang einziger Heim-WM 1950 wird auch 2014 das Finale im Maracanã gespielt. Damals verlor Brasilien gegen Uruguay mit 1:2. Ein kollektives Trauma, das sich als „Maracanaço“ tief ins Gedächtnis der Fußballnation einbrannte. Diesmal will Brasilien im Maracanã seinen sechsten WM-Titel holen. Anders als 1950 soll das Stadion nicht 200 000 Zuschauern Platz bieten, sondern „nur“ etwa 76 000. Als vorbildlich bei Planung und Vollzug gilt das neue Stadion in Brasília, wo die Arbeiten schon im Juli 2010 begannen. Doch dürfte das Estádio Nacional mit seinen 71 000 Plätzen für die Zeit nach der WM überdimensioniert sein.

Ohnedies sind die Stadien nur die eine Seite. Die drei wichtigsten Investitionsfelder schrieb Fußballverbands-Präsident Ricardo Teixeira der Regierung schon früh ins Stammbuch: „Flughäfen, Flughäfen, Flughäfen.“ Präsidentin Dilma Rousseff schuf eine eigene Behörde für die Flughafenentwicklung und will die Tür für Privatkapital öffnen. Die internationalen Airports von São Paulo und Rio platzen aus allen Nähten. Und bei der „Copa 2014“ werden die Fans auf Flugzeuge angewiesen sein, denn einige der zwölf WM-Standorte liegen tausende Kilometer und mehrere Flugstunden auseinander.

„Brasilien geht ein großes Risiko ein, sich zu blamieren, wenn es keine gute WM ausrichtet“, warnte selbst „König Pelé“ seine Landsleute kürzlich. Nach einer öffentlichen Studie werden die Erweiterungsarbeiten an neun von zwölf für die WM genutzten Flughäfen bis zur Eröffnung 2014 nicht fertig. Auch FIFA-Chef Blatter sieht da noch einiges zu tun. Doch anders als vor einigen Monaten überwog bei ihm in Rio der Optimismus: „Das letzte Mal fand das Event 1950 hier statt, und 61 Jahre später sind wir sehr zuversichtlich, dass Brasilien 2014 ein Triumph wird.“