Joachim Löw: „Wir 'überwachen' die Spieler“
Berlin (dpa) - Bei seinem vierten Turnier als Bundestrainer will Joachim Löw die Krönung. Schon drei Monate zuvor geht es nur noch um seine WM-Kandidaten. Der 54-Jährige warnt alle nochmals eindringlich.
„Wer sich nicht professionell verhält - der muss sich dessen bewusst sein und die Konsequenzen tragen“, sagt Löw im Interview der Nachrichtenagentur dpa.
Die heiße WM-Phase hat für Sie begonnen, wo liegen die Schwerpunkte für Sie in den kommenden Wochen?
Löw: Im Vorfeld des Chile-Spiels haben wir jeden einzelnen Spieler analysiert. Und haben jeweils die Stärken und Schwächen festgehalten. Was können wir verbessern? Wie können wir jeden Tag nutzen, dass einzelne Spieler, die vielleicht verletzt waren oder eine Formkrise haben, bis zur WM besser werden. Das Chile-Spiel hat offenbart, dass weder die Mannschaft noch jeder einzelne Spieler schon die beste Form erreicht hat.
Ihre Botschaft daraus?
Löw: Die Uhr tickt, und wer das versteht, der hat eine gute Chance. Wer jetzt noch viele Probleme im Gepäck mit sich rumschleppt oder sich nicht professionell verhält - der muss sich dessen bewusst sein und die Konsequenzen tragen.
Hat die Warnung Ihre Spieler überrascht und ist sie bei jedem WM-Kandidaten angekommen?
Löw: Wir haben mit jedem Spieler gesprochen und persönlich unsere Vorstellungen und Vorgaben mitgeteilt. Ich habe vor der Mannschaft nochmals ein paar Dinge erwähnt, die ich mir vorstelle. Und ich habe auch ganz bewusst gesagt, dass wir die Spieler 'überwachen'.
Was heißt das?
Löw: Dass wir ständig Kontakt mit ihnen suchen. Dass die Spieler uns informieren, wenn Dinge geschehen, die vielleicht nicht optimal laufen, wenn sie verletzt sind, wenn sie im Training Probleme haben. Wir haben ihnen auch gesagt, das zusätzliche Einheiten in jeglicher Hinsicht gefragt sind.
Intensivieren Sie auch noch mal die Spiel- und Trainingsbeobachtung?
Löw: Wir beobachten aufmerksam die Endphase der Champions-League, und auch wie immer mit drei, vier Leuten die Bundesliga. Urs Siegenthaler, Hans Flick, Andi Köpke und ich werden viel unterwegs sein. Das werden wir so beibehalten. Wir legen den Fokus im Moment auf den einen oder anderen Spieler, um ihn zu sehen oder noch besser einschätzen zu können. Wir sind mit den Spielern eigentlich jede Woche im Kontakt, auch mit ihren Clubtrainern immer mal wieder.
Werden Sie schon Ihren neuen Co-Trainer mit nach Brasilien nehmen? Hansi Flick wechselt ja nach dem Turnier auf die Position des Sportdirektors?
Löw: Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, dazu ein paar Gespräche zu führen und ein paar Überlegungen anzustellen. Doch ich habe gemerkt, die Realität und die Tagesarbeit holen mich ein. Es wird da vor der WM keine Entscheidung geben.
ZUR PERSON: Joachim Löw ist seit 2006 Bundestrainer. Von 102 Spielen unter seiner Regie wurden 70 gewonnen, 17 endeten unentschieden, 15 gingen verloren. Der Freiburger hat beim DFB noch einen Vertrag bis zur Europameisterschaft 2016.