Löw attestiert Gündogans Potenzial zur Weltklasse
Nürnberg (dpa) - Lob ist Ilkay Gündogan immer noch richtig peinlich. Das gestand der Dortmunder vor kurzem öffentlich. Nur gut, dass der Mittelfeldmann vom deutschen Meister nicht bei der Pressekonferenz der deutschen Fußball-Nationalmannschaft dabei war.
Denn seine Beurteilung durch Joachim Löw fiel geradezu überschwänglich aus. „Er hat einen Riesensprung gemacht nach der EM. Er hat einige Spiele gemacht, wo ich absolut zufrieden war. Er ist auf einem internationalen Topniveau, und seine Entwicklung wird weitergehen. Er hat alle Voraussetzungen, ein Weltklassespieler zu werden“, sagte der Bundestrainer.
Auf eine weitere Aussage Löws hatte Gündogan gehofft: „Ilkay wird spielen von Beginn weg“, bestätigte der DFB-Chefcoach den nach der Gelbsperre von Bastian Schweinsteiger allseits erwarteten Einsatz von Gündogan im WM-Qualifikationsspiel gegen Kasachstan am Dienstag. Der Gepriesene hatte sich zuvor nur vorsichtig optimistisch geäußert. „Natürlich ist es etwas Besonderes. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich spielen würde. Hier bin ich sportlich groß geworden. Ich habe der Stadt und dem Verein viel zu verdanken.“ Für Gündogan schließt sich ein kleiner Karrierekreis. Beim 1. FC Nürnberg legte er den Grundstein für seinen Aufstieg zum Nationalspieler.
Nur wenige Auswahlspieler haben in dieser Saison so einen Sprung gemacht. Noch bei der EM 2012 war Gündogan nur Turniertourist ohne Einsatzminute. Löw vertraute lieber einem angeschlagenen Schweinsteiger. Das würde heute so wohl nicht mehr passieren. Mit viel gelobten Leistungen in den Testspielen gegen die Niederlande (0:0) und Frankreich (2:1) hat der bislang sechsmalige Nationalspieler seinen Reifeprozess dokumentiert. „Ilkay hat eine riesige Entwicklung hinter sich. Er ist so eine Art Kopf für uns in Dortmund. Er kann auch hier eine tragende Rolle spielen in nächster Zeit“, sagte Borussen-Teamkollege Marco Reus.
Gündogan hat viel Potenzial. Nicht nur auf dem Platz. Seine Vita entspricht dem Drehbuch einer perfekten Integrationsgeschichte. „Ich bin meinen Eltern dankbar dafür, dass sie den Mut hatten, sich von Anfang an in die deutsche Gesellschaft integrieren zu wollen. Obwohl sie die Sprache zunächst nicht beherrschten“, erzählte er in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ über seine Kindheit. „Ich wurde ohne Vorurteile angenommen, dass ich Türke war, spielte keine Rolle.“
Für Gündogan war immer klar, dass er für Deutschland und nicht für das Land seiner Vorfahren spielen wollte. Löw ging dennoch auf Nummer sicher. Mitten in die sportliche Krise im Anfangsjahr bei Dortmund nominierte der Bundestrainer ihn im Herbst 2011 für das DFB-Team und sorgte mit einem Kurzeinsatz im Pflichtspiel gegen Belgien (3:1) für Fakten. Löw habe ihm damit sehr weitergeholfen, berichtete Gündogan. „Er sprach mir das Vertrauen aus und verhalf mir auch bald nach der ersten Nominierung zum Debüt. Das hat sicher mitgeholfen, in Dortmund meinen Weg zu machen. Das hat mir auch für den BVB Selbstbewusstsein gegeben“, betonte er.
Der Schachzug zahlt sich heute auch für Löw aus. Für die Backup-Rolle des immer noch gesetzten Duos Khedira/Schweinsteiger hat Gündogan Konkurrenten wie die Bender-Zwillinge oder Toni Kroos in der Hierarchie derzeit überholt. „Ilkay hat eine gute Entwicklung genommen. Er ist schön zu sehen, dass er Tritt fasst“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff.