Löw verschärft EM-Tempo - Antreiber Podolski

Tourrettes (dpa) - Joachim Löw quälte in Frankreich sein Personal und schaute mit gemischten Gefühlen nach München. Für Lukas Podolski ist die Welt schon wieder in Ordnung. Mit dem Umzug ins zweite Trainingslager hat der Bundestrainer das EM-Vorbereitungstempo sofort deutlich verschärft.

„Alle wissen, dass sie viel arbeiten müssen“, sagte der hochmotivierte Leiter der deutschen EM-Mission. Kaum hatten Lukas Podolski und Co. ihre neuen Zimmer im Hotel Four Seasons Terre Blanche bezogen, mussten sie zum ersten Training in Tourrettes ran. Am Samstag bat Löw seine EM-Kandidaten gleich zweimal zum intensiven Üben auf die nagelneue Sportanlage, bevor die TV-Übertragung des Champions-League-Endspiels auf dem Programm stand. Löw drückte seinen acht Münchner EM-Spielern besonders die Daumen.

Dass Per Mertesacker erstmals seit dem Vorbereitungsstart bei einer Trainingseinheit fehlte, ordnete der DFB in die Kategorie Schonung ein. „Die Vorfreude auf das Turnier ist da. Für mich ist es noch etwas ganz Besonderes, auch wenn die ersten drei Spiele in der Ukraine sind“, erklärte der gebürtige Pole Podolski, der seinen Frust über den Abstieg mit seinem geliebten 1. FC Köln abgeschüttelt hat.

„Wenn man mit dem Verein absteigt, in dem man die ganze Jugend verbracht hat, in dem man aufgewachsen ist, ist es schon bitter“, bemerkte der 26-Jährige. Doch schon in den ersten Trainingsspielen in Frankreich gab der Nationalmannschafts-Dauerbrenner wieder den Antreiber. „Hau ihn rein“, rief Podolski dem Schalker Julian Draxler zu, als der einen Elfmeter zugesprochen bekam. „Bei den letzten Turnieren war ich noch sein Fan“, bemerkte der 18-jährige Draxler.

Podolski versprüht auf dem Sportplatz von Tourrettes, den Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp bauen ließ, wieder den ganz besonderen Nationalmannschaftselan. Poldi rackert, Poldi ist präsent, Poldi schießt Tore, wenn der Bundestrainer auf einem verkleinerten Spielfeld immer wieder Wettkampfsituationen simulieren lässt. „Ohne Ball in die Tiefe zu gehen, mit vollem Tempo in Schnittstellen zu stoßen, das ist seine Stärke. Da hat er viele Tore gemacht und vorbereitet“, sagte Löw über den schon 95-maligen Nationalspieler.

Beim Turnier in der Heimat seiner Eltern kann Podolski in den erlauchten Kreis der „Hunderter“ stoßen, in dem vom aktuellen EM-Aufgebot bisher nur der ebenfalls in Polen geborene Miroslav Klose (114) steht. Löw ist sichtlich froh darüber, dass Podolski schon jetzt nicht nur seine muskulären Probleme, sondern auch die mentalen Nachwirkungen einer Chaos-Saison mit dem 1. FC Köln überwunden hat. „Es war wahnsinnig schwierig. Nicht nur der Abstieg, sondern das ganze Jahr hinweg. Die vielen Dinge, die dort vorgefallen sind, haben ihm ein Stück weit zugesetzt“, erklärte der DFB-Chefcoach.

Der aktuelle Umzug in die Welt der Nationalelf, die seit seinem DFB-Debüt am 6. Juni 2004 gegen Ungarn (0:2) immer auch sein Welt war, hat Podolski in Windeseile gut getan. Im ersten Trainingscamp auf Sardinien hatte er Frau und Sohn dabei. Seinem vierjährigen Sohnemann musste der Vater erklären, warum Köln denn nun eigentlich abgestiegen ist. „Er versteht das noch nicht. Er weiß aber auch, dass er bald mit nach London muss. Er fragt immer, warum und weshalb“, berichtete Podolski von den „Männergesprächen“ in der Familie.

Seine Frau Monika wird nun den Umzug vorantreiben. Für zwölf Millionen Euro wechselt Podolski zum FC Arsenal. „Meine Frau wird alles organisieren. Ich hab noch keine Zeit dafür“, berichtete der Fan-Liebling, der als „Deutschland-Poldi“ bei der EM erst noch etwas Großes vor hat: Er will seinen ersten internationalen Titel.