Löw verteidigt US-Trip mit vier Neulingen

Frankfurt (dpa) - Mit vier Länderspiel-Neulingen wird die US-Tournee der deutschen Nationalmannschaft wie erwartet zum Experimentierfeld - doch Joachim Löw wies jeden Anflug von Kritik scharf zurück.

„Ich denke, wir haben in Deutschland mehr als 20 gute Fußballer, die ich guten Gewissens in einen Flieger in die USA setzen kann“, erklärte der Bundestrainer bei der Bekanntgabe seines 23-köpfigen Kaders, zu dem die Leverkusener Philipp Wollscheid und Sidney Sam, der Mainzer Nicolai Müller sowie der Freiburger Max Kruse als Neulinge gehören.

Die Reise zu diesem Saisonzeitpunkt sei schon im vergangenen Jahr genau so geplant worden, „natürlich in Kenntnis mit dem möglichen Szenario“, sagte Löw: „Ich bin kein Buchhalter, der zu Hause sitzt und zählt, wer alles absagt.“ Vor allem durch das deutsche Champions-League-Finale FC Bayern kontra Borussia Dortmund stehen für die Spiele am 29. Mai in Boca Raton gegen Ecuador und am 2. Juni in Washington gegen die USA mehr als ein Dutzend Nationalspieler nicht zur Verfügung. Löw wertet das jedoch viel mehr als positive Konstellation für den deutschen Fußball.

„Das Szenario wirft uns natürlich nicht aus der Bahn, das war auch irgendwie einkalkuliert“, betonte der DFB-Chefcoach und ergänzte: „Diese Reise stand bei uns nicht eine Minute zur Diskussion. Wir sind beim DFB kein Zirkus mit täglich wechselndem Programm. Wir haben das schon eingeplant. Die ganze Absage-Diskussion ist für mich völlig überflüssig und irrelevant.“ Miroslav Klose, der mit Lazio Rom noch am 26. Mai im italienischen Pokalfinale steht, und das Dortmunder Duo Sven Bender und Kevin Großkreutz sollen nachreisen.

Die weiteren BVB-Spieler, die am 25. Mai in London das Champions-League-Finale gegen den FC Bayern bestreiten, stehen Löw wie die Münchner nicht zur Verfügung. Mesut Özil und Sami Khedira sind noch mit Real Madrid im Einsatz. „Ich bin davon überzeugt, dass wir gegen Ecuador und die USA eine starke Mannschaft aufs Feld schicken werden“, betonte der Bundestrainer trotz der Personallage. Das DFB-Team fliegt am kommenden Mittwoch nach Miami.

„Solche internationalen Begegnungen eröffnen einzelnen Spielern immer wieder auch Chancen, sich zu präsentieren. So mancher Spieler, der zuvor noch keine prägende Rolle in der Nationalmannschaft hatte, kann sich beweisen und nun Verantwortung übernehmen“, betonte Löw. So kehren Dennis Aogo (Hamburger SV), Andreas Beck (1899 Hoffenheim), Stefan Reinartz (Bayer 04 Leverkusen) und Aaron Hunt (Werder Bremen) nach längeren Pausen zur Nationalmannschaft zurück. Angeführt wird das 23-köpfige Aufgebot von den beiden FC-Arsenal-Profis Lukas Podolski und Per Mertesacker.

Auch Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff verteidigte die Termin-Überschneidung der US-Tournee mit dem deutschen Wembley-Finale in der europäischen Königsklasse und dem DFB-Pokalfinale am 1. Juni. „Wir stehen felsenfest zu unserer Planung, in die wir bereits frühzeitig und ganz bewusst eingestiegen sind. Unser Ziel war es, den Spielern nach einer anstrengenden Saison eine lange Sommerpause sowie eine zusammenhängende Vorbereitung mit ihren Vereinen zu ermöglichen“, unterstrich der ehemalige DFB-Kapitän.

„Länderspiele haben immer einen hohen Stellenwert. Für die Spieler, die wir nominiert haben, ist es etwas Besonderes, dabei zu sein“, ergänzte Löw, der seinen Notkader mit dem Neulings-Quartett Wollscheid, Müller, Sam und Kruse am Dienstag in Frankfurt (Main) versammelt. „Alle Vier haben im Laufe der Saison mit ihren Vereinen überzeugt“, bemerkte Löw: „Ich freue mich sehr, dass ich nun die Möglichkeit habe, sie auch einmal bei uns in der Nationalmannschaft zu erleben.“

In den Gesprächen mit den Nominierten hatte Löw eine „wahnsinnige Motivation“ der Auserwählten gespürt. „Das große Ziel in meiner Karriere als Fußballprofi war und ist die Nationalmannschaft. Dass ich nach einer schwierigen Saison mit meinem Verein bei den Verantwortlichen des DFB-Teams um Joachim Löw immer noch im Blickfeld bin, freut mich daher sehr“, sagte der Hoffenheimer Beck.

Einige Überraschungen gibt es auch beim erweiterten Aufgebot für die U 21-Europameisterschaft in Israel. Trainer Rainer Adrion verzichtet für das Turnier vom 5. bis 18. Juni auf seine drei Stammkräfte Moritz Leitner, Maximilian Beister und Alexander Esswein und nominierte dafür die Debütanten Timo Horn, Matthias Ginter, Sead Kolasinac und Emre Can, die allesamt noch kein Spiel für die U 21 absolviert haben.

Das Aufgebot:

Tor: Rene Adler (Hamburger SV) Ron-Robert Zieler (Hannover 96), Marc Andre ter-Stegen (Borussia Mönchengladbach)

Abwehr: Dennis Aogo (Hamburger SV), Andreas Beck (1899 Hoffenheim), Benedikt Höwedes (Schalke 04), Marcell Jansen (Hamburger SV), Per Mertesacker (FC Arsenal), Heiko Westermann (Hamburger SV), Philipp Wollscheid (Bayer Leverkusen)

Mittelfeld: Lars Bender (Bayer Leverkusen), Sven Bender (Borussia Dortmund), Julian Draxler (Schalke 04), Kevin Großkreutz (Borussia Dortmund), Aaron Hunt (Werder Bremen), Nicolai Müller (Mainz 05), Roman Neustädter (Schalke 04), Lukas Podolski (FC Arsenal), Stefan Reinartz (Bayer Leverkusen),

Angriff: Sidney Sam (Bayer Leverkusen), Andre Schürrle (Bayer Leverkusen), Max Kruse (SC Freiburg), Miroslav Klose (Lazio Rom)

Nichtdabei:Manuel Neuer, Philipp Lahm, Jérome Boateng, Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller, Mario Gomez, Toni Kroos, Holger Badstuber (alle FC Bayern München); Mats Hummels, Marcel Schmelzer, Ilkay Gündogan, Mario Götze, Marco Reus (alle Borussia Dortmund); Mesut Özil, Sami Khedira (beide Real Madrid)

Bei der U 21-EMdabei:Lewis Holtby (Tottenham Hotspur), Sebastian Jung, Sebastian Rode (beide Eintracht Frankfurt), Patrick Herrmann (Borussia Mönchengladbach)

Als Neulinge in den USAdabei:Philipp Wollscheid, Sidney Sam (beide Bayer Leverkusen), Nicolai Müller (FSV Mainz 05), Max Kruse (SC Freiburg)

Als Rückkehrer in den USAdabei:Aaron Hunt (Werder Bremen), Dennis Aogo (Hamburger SV), Andreas Beck (1899 Hoffenheim), Stefan Reinartz (Bayer Leverkusen)