Confed-Cup-Vorbereitung „Nicht zum Spaß hier“: Neues Löw-Team wird mutig

Kopenhagen (dpa) - Trotz Sturm und Regen genossen Joachim Löw und seine neuen Länderspiel-Hauptdarsteller in Kopenhagen die selbst entfachte Aufbruchstimmung.

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Der ermutigende Start in einen sehr speziellen deutschen Fußball-Sommer mit dem sehenswerten Debüt von gleich sechs Spielern hat bei allen Beteiligten das Gefühl verstärkt, dass Löws ungewöhnliches Confed-Cup-Experiment ohne alle Weltmeisterstars in Russland tatsächlich gut gehen könnte. „Wir haben auf jeden Fall bewiesen, dass wir nicht nur zum Spaß hier sind. Wir wollen schon was erreichen“, betonte Neu-Kapitän und Antreiber Julian Draxler nach dem 1:1-Test gegen Dänemark.

Quasi als Beleg dafür, dass sich das junge Team auch den sportlichen Erfolg beim WM-Probelauf ab 17. Juni in vier russischen Städten als Ziel gesetzt hat, handelte der Mannschaftsrat mit dem Verband eine „kleine Erfolgsprämie“ aus, wie Teammanager Oliver Bierhoff verriet. Ein Urlaubsgeld würde es aber erst ab der Halbfinal-Teilnahme geben.

Der 23 Jahre junge Draxler demonstrierte schon im ersten Test, dass die neue Generation die Abwesenheit der großen Spieler wie Manuel Neuer, Mesut Özil, Toni Kroos oder Thomas Müller als einzigartige Chance begreift. Mit einer regenborgenfarbenen Binde am Arm sorgte der von Löw ernannte Confed-Cup-Kapitän auf dem Platz und darüber hinaus für viel Aufmerksamkeit. „Das ist eine gute Basis, um in den nächsten Wochen zu arbeiten“, erklärte der Bundestrainer erleichtert und überrascht zugleich: „Es war ein großes Engagement zu spüren.“

Vor der nächsten Etappe, die am Donnerstag in der Heimat mit der Vorbereitung auf das WM-Qualifikationsspiel gegen Fußballzwerg San Marino beginnt, durften Draxler und Co. in Dänemarks Hauptstadt noch einen Tag durchschnaufen. „Die Spieler haben die Möglichkeit, in einer schönen Stadt Zeit miteinander zu verbringen. In Herzogenaurach sind wir wieder etwas außerhalb und haben direkt wieder Aktivitäten“, sagte Oliver Bierhoff. Der Teammanager und einige Spieler trafen am Mittwoch in der Sankt-Petri-Schule in Kopenhagens Innenstadt Kinder und berichteten von ihren neuen Erfahrungen im DFB-Vorzeigeteam.

„Wir sind stolz darauf, dass wir hier sind. Wir sind dabei, uns als Truppe zu finden“, erklärte Draxler. Die bunte Kapitänsbinde war Teil einer Aktion für Offenheit und Vielfalt des dänischen Verbandes. Auch Dänemarks Kapitän und Torschütze Christian Eriksen hatte beim 1:1 gegen den selbstbewussten „Weltmeister light“ eine solche Binde getragen. Der DFB unterstützte „selbstverständlich“ die Aktion gegen Homophobie, „weil sie in unsere Werte passt“, erklärte der Verband.

Nicht nur das späte Ausgleichstor von Joshua Kimmich vom FC Bayern mit einem spektakulären Fallrückzieher, sondern der gesamte Auftritt des neu zusammengewürfelten DFB-Kaders sorgten vor 15 488 Zuschauern im Brøndby-Stadion bei der Sportlichen Leitung für spürbare Beruhigung. „Es wirkte nicht so, als wenn die Mannschaft das erste Mal zusammen gewesen wäre“, urteilte Teammanager Bierhoff.

„Jeder einzelne Spieler hat eine gute Saison gespielt und ein gewisses Maß an Selbstvertrauen getankt. Es war klar, dass wir die individuelle Klasse besitzen“, bemerkte Löw. „Es war aber ein bisschen überraschend, dass wir es so gut gelöst haben.“

Die Mannschaft habe in vielen Phasen schon harmonisch gewirkt: „Das konnte man so nicht erwarten.“ Eine Garantie, dass die neue Mannschaft in Russland beispielsweise gegen die mit allen Stars antretenden Chilenen besteht, ist der Aufgalopp allerdings nicht.

Doch Sandro Wagner, Lars Stindl, Kevin Trapp und die später eingewechselten Amin Younes, Kerem Demirbay und Marvin Plattenhardt, die allesamt zum ersten Mal in der Nationalmannschaft spielten, imponierten dem Bundestrainer. „Da muss man Respekt zollen. Das ist ja nicht ganz so einfach“, erklärte Löw: „Die Spieler, die reinkamen, haben sich relativ schnell reingefunden. Sie hatten überhaupt keine Anlaufzeit. Die von Beginn weg gespielt haben, waren sofort präsent.“

Am Donnerstag soll der Leipziger Timo Werner zum Kader stoßen. Der Angreifer fehlte wegen Magen-Darm-Problemen in Kopenhagen. Auf einen möglichen 23. Mann verzichtet Löw nach der Absage von Leroy Sané (Nasen-OP). Der DFB übermittelte am Mittwoch ein offizielles Aufgebot mit 22 Profis an den Weltverband FIFA: „Man hat bei allen Spielern die Vorfreude gemerkt, gerade die Neulinge, die sind aufgeregt, die sind gerne dabei“, betonte Bierhoff.

Der Manager gab das nächste Zwischenziel für Samstag im noch bei weitem nicht ausverkauften Nürnberger Stadion aus: „Gegen San Marino wollen wir begeisternden Fußball und Spielfreude zeigen und möglichst viele Abschlüsse finden und Tore machen. Man will nicht nur gewinnen, sondern effektiv die Torchancen nutzen.“

Der Hoffenheimer Wagner ist bereits mit dem Sieger-Gen infiziert. Gegen die Feierabendkicker aus San Marino strebt er sein erstes Länderspieltor an. „Klar, bei den Feinheiten gab es noch Abstimmungsprobleme“, sagte der schon 29-Jährige: „Wir müssen uns jetzt im Training finden. Es ist ein neu zusammengewürfelter Haufen. Es ist jetzt die Kunst, das zusammenzufügen.“