Schiedsrichter-Skandal: Amerell verliert erneut

Stuttgart (dpa) - Schwarzer Tag für Manfred Amerell: Der 64-Jährige hat im Schiedsrichter-Skandal die nächste gerichtliche Niederlage hinnehmen müssen und droht unabhängig davon neuen Ärger mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) zu bekommen.

Sein Kontrahent Michael Kempter hofft dagegen wieder auf eine Fortsetzung seiner Karriere. Denn das Landgericht Hechingen wies Amerells Schadenersatz-Klage gegen den früheren FIFA-Referee am Donnerstag ab.

„Ich bin froh und erleichtert, dass die Entscheidung so ausgefallen ist. Natürlich hat mich das sehr belastet. Ich hoffe, dass jetzt alles vorbei ist und will so schnell wie möglich wieder pfeifen und meinem Sport nachgehen“, sagte Kempter der „Bild“-Zeitung.

Obwohl dieses Urteil nach seinem Rücktritt als Schiedsrichter-Sprecher und zwei verloren Verfahren gegen DFB-Präsident Theo Zwanziger der nächste große Rückschlag für Amerell in dieser Affäre war, gibt er sich weiter kämpferisch. „Eines steht fest: Manfred Amerell wird dieses Urteil nicht akzeptieren. Er wird alle ihm zustehenden Rechtsmittel dagegen ausschöpfen“, sagte sein Anwalt Jürgen Langer und fügte hinzu: „Manfred Amerell ist nicht resigniert. Er kämpft weiterhin nicht für sein Recht, sondern für seine Ehre.“

DFB-Präsident Theo Zwanziger erklärte in der „Bild“-Zeitung: „Herr Amerell tut mir nur noch leid. Wenn sein Anwalt sagt, er wolle um seine Ehre kämpfen, bedarf es erst mal der Einsicht seines eigenen Fehlverhaltens.“

Auch das am Donnerstag vom DFB-Kontrollausschuss gegen ihn eingeleitete Verfahren hatte Amerell durch eine Selbstanzeige mit in die Wege geleitet. Er möchte vom Verband endlich persönlich vernommen werden. Der DFB wiederum sieht laut einer Mitteilung „neue und erhebliche Verdachtsmomente“ dafür, dass er in seiner Funktion als Schiedsrichter-Funktionär seine Amtspflichten verletzt hat. So könnte am Ende des Verfahrens stehen, dass Amerell auch über seinen Rücktritt vom Februar 2010 hinaus mit einem Verbot für alle DFB-Ämter belegt wird. Vom Verfahren in Hechingen ist das jedoch unabhängig.

Dort endete die erste zivilrechtliche Aufarbeitung des Schiedsrichter-Skandals. Kempter wirft seinem ehemaligen Förderer sexuelle Belästigung vor. Amerell betont, dass die intimen Kontakte zwischen beiden einvernehmlich waren und sieht durch die öffentlichen Anschuldigungen seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Deshalb wollte er ein Schmerzensgeld von 150 000 Euro erstreiten.

Das Gericht erklärte in seiner Urteilsbegründung jedoch, dass Kempter Amerells „Verhaltensweisen“ in seinen Interviews „zutreffend wiedergegeben“ hätte. Das grundsätzliche Fazit der Richter: Sexuelle Kontakte mit Kempter - „ob einvernehmlich oder aufgedrängt“ - seien nie mit Amerells Amt vereinbar gewesen. Er sei schließlich „Mitglied des Schiedsrichter-Ausschusses gewesen“ und hatte damit „über den Einsatz und die Qualifikation“ Kempters zu entscheiden.

„Wir haben einen großen Erfolg erzielt. Das Urteil ist deutlich und unmissverständlich“, sagte Kempters Anwalt Christoph Schickhardt. Einer Berufungsverhandlung sieht er gelassen entgegen: „Das macht man in allen Fällen und das ist in allen Fällen erfolglos.“

Die Frage ist nun, ob und wenn ja wann der 28 Jahre alte Kempter wieder als Unparteiischer eingesetzt wird. „Ich hoffe, dass er seine Laufbahn als Schiedsrichter nun langsam und behutsam fortsetzen kann. Dafür ist dieses Urteil ein Meilenstein“, sagte Schickhardt.

Der DFB hatte 2010 entschieden, sein großes Talent aus Sauldorf bis zur Klärung des Falls kein Spiel mehr pfeifen zu lassen. Der Leiter der Schiedsrichter-Kommission, Herbert Fandel, wollte sich noch nicht dazu äußern, wie es nun mit Kempter weitergeht.

Für Amerell verlief das Verfahren in Hechingen von Beginn an schlecht. Eine Woche nach dem ersten Verhandlungstag lehnte er einen Vergleichsvorschlag ab. Schon darin war von Schadenersatz keine Rede mehr gewesen. Im April stellte er einen Befangenheitsantrag gegen die Richter. „Das Gericht hat Amerell eine goldene Brücke gebaut und auch wir waren zu einigem bereit, um die Angelegenheit zu befrieden. Jetzt hat er eine verdiente Quittung bekommen“, sagte Schickhardt.

Amerells Anwalt sieht in dem Urteil eher „den Eindruck der Voreingenommenheit bestätigt. Das wiederum bestätigt ihn darin, weiter zu kämpfen“, sagte Langer. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Amerell wegen sexueller Nötigung wurden 2010 eingestellt. In zwei Verfahren gegen Zwanziger zog er jedoch den Kürzeren. So darf der DFB-Präsident weiter behaupten, dass Amerell „über Jahre seine Amtspflichten verletzt“ habe. Obwohl Amerell noch eine Strafanzeige gegen Kempter wegen des Verdachts des Prozessbetrugs gestellt hat, glaubt Schickhardt, dass sich „die Sache langsam totlaufen wird. Amerell verliert ja alle Fälle vor Gericht“, meinte er.