Schweinsteiger ruht in sich: „Weiß, was man zu tun hat“
Düsseldorf (dpa) - Es mag am grellen Scheinwerferlicht auf dem Pressepodium gelegen haben, dass Bastian Schweinsteigers Schläfen reichlich grau durch das blonde Haupthaar schimmerten.
Kurz vor dem Sprung in den illustren Kreis der 100-maligen Nationalspieler fühlt sich der Bayern-Profi auch gar nicht wie ein Fußball-Silberrücken im Kreis des überwiegend noch jüngeren Nationalteams. Obwohl er schon eine gefühlte Ewigkeit zum DFB-Team gehört. „Meine Rolle? Pfff...“, entfuhr es dem 29-Jährigen in Düsseldorf. „Ich bin jahrelang dabei. Ich weiß, was man zu tun hat und ich versuche, meine Qualitäten unter Beweis zu stellen.“
Erstmals seit dem 3:0 in Kasachstan im März ist Schweinsteiger nun wieder bei der Nationalmannschaft. Vereins-Verpflichtungen mit dem FC Bayern beim Triple-Rausch im Sommer und Verletzungen am vermaledeiten Knöchel verhinderten seitdem Einsätze in gleich sechs Länderspielen, mit denen der Mittelfeldmann längst die 100er-Marke übersprungen hätte. „Der Körper fühlt sich besser an. Meine Verletzungen sind vorbei. Ich freue mich, wieder dabei zu sein“, sagte Schweinsteiger.
So soll das Jubiläum nach der Kölner Freitagspartie gegen Irland nun am kommenden Dienstag zum Abschluss der WM-Qualifikation in Stockholm gegen Schweden gefeiert werden. „Es ist etwas Besonderes. Das ist nicht selbstverständlich. Es ist eine Zahl, die einen auch mit Stolz erfüllt“, sagte Schweinsteiger.
Hinter dem nachnominierten Hamburger Heiko Westermann (30) und Kapitän Philipp Lahm (29) ist Schweinsteiger der drittälteste im aktuellen DFB-Kader. Club-Freund Lahm gratulierte er kürzlich per offenem Brief zu dessen 100sten Länderspiel. Am Dienstag dürfte Lahms Antwortpost kommen, obwohl Schweinsteiger „von Philipp nichts erwartet“.
Die Kommunikation zwischen dem DFB-Spielführer und seinem Vize Schweinsteiger funktioniert. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Lahm beim FC Bayern auf der Sechser-Position zuletzt glänzte. „Ich bin überhaupt nicht böse. Das Ganze wird auch falsch diskutiert. Letztes Jahr hatten wir auch zwei Spieler im Zentrum - einer auf der Sechs, einer auf der Acht, da ist jetzt kein Unterschied“, betonte Schweinsteiger.
Es gehört zu den Eigenartigkeiten der Karriere des Münchners, dass er mehr als andere seine Verdienste rechtfertigen muss und immer wieder über eine mögliche Verzichtbarkeit debattiert wird. Dabei ist sein Standing gerade bei Bundestrainer Joachim Löw ungeachtet des Massenangebots an Mittelfeldqualität unverändert hoch. Einsätze gegen Irland und Schweden stehen außer Frage. „Ein fitter Schweinsteiger ist wichtig. Er ist eine große Persönlichkeit und als Führungsspieler akzeptiert“, sagte Oliver Bierhoff. Aber: „Auch er weiß, dass der Konkurrenzkampf im Mittelfeld hier und auch in München hoch ist“, erklärte der Teammanager.
Sicherlich weiß Schweinsteiger das, nur zu beunruhigen scheint es ihn nicht. Zu viel hat er seit seinem Debüt beim 0:2 gegen Ungarn kurz vor der von den damaligen Stammkräften vermasselten EM 2004 im DFB-Kreis schon erlebt. „Man denkt an die Anfangszeit zurück, an die ersten Länderspiele und die Entwicklung bis hierher. Ich hoffe, es kommen noch viele Länderspiele dazu“, sagte er am Dienstag.
Schweinsteigers Sehnsucht ist klar - jetzt, da er gerade wieder das Gefühl genießt, „ein vollständiges Sprunggelenk zu haben“. Der WM-Pokal im kommenden Sommer in Brasilien würde auch seine Karriere krönen. „Das Wichtigste ist, dass die Mannschaft Erfolg hat, dass wir die Entwicklung weiterführen und es dann auch schaffen, den ganz großen Triumph zu holen“, sagte er.