USADA-Chef Tygart kritisiert FIFA-Umgang mit Russland-Vorwürfen

New York (dpa) - Führende Anti-Doping-Jäger haben mit deutlicher Kritik den Druck auf die FIFA in der russischen Doping-Affäre erhöht. Der Vorwurf einer Verzögerungstaktik des Fußball-Weltverbands in der Kontaktaufnahme zu Doping-Kronzeuge Grigori Rodschenkow wird lauter.

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Travis Tygart, Chef der amerikanischen Anti-Doping-Agentur, nannte das Verhalten des Fußball-Weltverbands FIFA „ärgerlich“. WADA-Präsident Craig Reedie sagte ebenfalls der „New York Times“, dass er von der FIFA erwarte, alle Korruptionsvorwürfe zu verfolgen und entschieden zu handeln. „Wir haben sie mit allen Informationen, die wir zu dieser Zeit hatten, versorgt und ihnen gesagt, dass sie verantwortlich dafür sind, mit dem Management der Ergebnisse voranzukommen“, betonte der Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur.

Die Schlüsselfrage: Unternimmt die FIFA wirklich alle notwendigen Anstrengungen, um den möglichen Doping-Skandal im russischen Fußball aufzuklären? Jim Walden, Anwalt von Schlüsselfigur Rodschenkow, hatte zuletzt erklärt, dass sich die FIFA nicht um Informationen des Whistleblowers bemühe. Dieser hatte unter anderem über staatlich gedeckte Manipulationen bei Olympia 2014 in Sotschi berichtet.

Die FIFA entgegnete daraufhin, dass man sich mit einem Anwalt der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA geeinigt habe, eine erste Analyse von neuen Informationen abzuwarten, „bevor wir spezifische Fragen an Doktor Rodschenkow übermitteln“. Der Weltverband werde seine Untersuchungen fortsetzen, eng mit der WADA zusammenarbeiten und Rodschenkow „zu gegebener Zeit“ kontaktieren.

Im McLaren-Bericht für die WADA waren 34 Tests von russischen Fußballern ausgewiesen worden, die möglicherweise positiv waren oder manipuliert wurden. Medienberichte über Dopinganschuldigungen gegen das eigene WM-Team von 2014 hatte Russland stets zurückgewiesen.

Unzureichend aus Sicht der Beobachter. „Saubere Athleten und die Öffentlichkeit verdienen es, dass der Einfluss des russischen Dopings auf den Fußball sofort aufgeklärt wird“, sagte Tygart, der unter anderem den früheren Radstar Lance Armstrong zu Fall gebracht hatte. „Wir beschäftigen uns seit drei Jahren mit diesem Chaos und es gibt keine Entschuldigung, dass die FIFA es versäumt, den Star-Zeugen zu kontaktieren.“

Je länger die Aufklärung dauert, desto größer droht der Dopingschatten auf der Weltmeisterschaft in Russland zu werden. Auch das Aus von Vizeministerpräsident Witali Mutko als WM-Cheforganisator nach den Sanktionen des Internationalen Olympische Komitees im Manipulationsskandal bei den Winterspielen 2014 bringt den Gastgeber nicht aus den Schlagzeilen. Der Weltverband könnte nun einen wichtigen Beitrag leisten. „Mit all der Zeit und Arbeit, die die FIFA in ihre Verteidigungslinie investiert hat, hätte sie auch zehnmal das Telefon nehmen und ein Interview mit Doktor Rodschenkow arrangieren können“, sagte dessen Anwalt Walden.