Waren die deutschen WM-Fußballer 1966 gedopt?

Der DFB widerspricht den Darstellungen der Wissenschaftler vehement. Die Diskussionen werden immer hitziger.

Berlin. Der deutsche Fußballverband wurde für seine Mauertaktik kritisiert, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und DOSB-Präsident Thomas Bach mussten sich Vorwürfe der Verschleppung und Verwirrungsstrategie gefallen lassen. Am Tag nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts über die Doping-Praktiken in der Bundesrepublik wurden die Diskussionen über Konsequenzen immer hitziger. Der Deutsche Fußball-Bund sah sich gezwungen, erneut erhobene Anschuldigungen über Ephedrin-Doping von Nationalspielern bei der WM 1966 zurückzuweisen.

Die Ankündigung des Deutschen Olympischen Sportbundes, eine unabhängige Kommission unter Vorsitz des Ex-Bundesverfassungsrichters Udo Steiner einzusetzen, verschafft Friedrich und Bach Zeit. Mit Empfehlungen der Steiner-Gruppe ist vor 2014 nicht zu rechnen. So kann sich Friedrich auf die Bundestagswahl konzentrieren — und Bach auf den Endspurt im Sechskampf um den IOC-Thron.

Es müsse geprüft werden, „ob bundesdeutsche Trainer oder Funktionäre für Doping-Vergehen in der Vergangenheit zur Rechenschaft“ gezogen werden müssen, so Ex-Turn-Weltmeister Eberhard Gienger, bis 2010 DOSB-Vize Leistungssport. Dabei müssten unbedingt die Gesetzestexte der damaligen Zeit berücksichtigt werden. „Vieles, was heute verboten ist, war in den 70er Jahren noch erlaubt.“

Ephedrin stand schon vor mehr als 40 Jahren auf der Liste der verbotenen Substanzen. Das Stimulanzmittel hat laut der Studie auch im deutschen Fußball-WM-Team 1966 eine Rolle gespielt. Ein Schreiben des früheren Fifa-Funktionärs Mihailo Andrejevic belege, „dass drei deutschen Fußballern am Ende des Turniers ‘feine Spuren’ Ephedrin nachgewiesen wurden“. Dabei habe es sich „sportrechtlich um Dopingvergehen“ gehandelt, heißt es in dem vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) geförderten Forschungsprojekt.

Der Weltverband Fifa hatte bei der WM 1966 erstmals bei einer Endrunde Dopingkontrollen durchgeführt. Die Fifa habe damals „keinen der genannten Spieler wegen Dopings verurteilt oder gesperrt“, betonte DFB-Vize Rainer Koch. Er widersprach der Darstellung der Wissenschaftler aus Münster, der DFB habe einen Archiv-Zugang nur zu „letztlich inakzeptablen Auflagen“ gewährt. Der DFB habe „durch einen juristischen Beistand plötzlich Forderungen“ an das Projekt gestellt, die dem wissenschaftlichen Standard widersprochen und gegen den Vertrag mit dem Projekt-Auftraggeber BISp verstoßen hätten, monierten zudem die Forscher aus Berlin. Dadurch sei ein Besuch des DFB-Archivs nicht zustande gekommen.

Der DFB habe zweimal Grünes Licht gegeben, sagte dagegen Koch. „Das Archiv stand den Forschern offen. Die Behauptung, wir hätten die Anfrage abgelehnt, ist also falsch“, sagte Koch, aber natürlich sei die Öffnung mit geltenden Datenschutzauflagen verknüpft worden.