Beasley und der „größte US-Sieg seit mehr als 50 Jahren“
São Paulo (dpa) — Dieser Mann weiß, wie man Portugal besiegt.
DaMarcus Beasley war dabei, als die US-Nationalmannschaft am 5. Juni 2002 im ersten Gruppenspiel der WM in Japan und Südkorea die favorisierten Südeuropäer mit 3:2 blamierte und für den „größten Sieg der USA seit mehr als 50 Jahren“ (Sports Illustrated) sorgte. „Es war mein erstes WM-Spiel, dann noch ein Sieg und zwar gegen Portugal - sowas vergisst du nie“, sagt der 32-Jährige.
Am Sonntag steht Beasley wieder auf dem Platz. In Manaus treffen die von Jürgen Klinsmann trainierten Amerikaner im zweiten Vorrundenspiel auf Portugal und dessen Superstar Cristiano Ronaldo. Sein Coach Paulo Bento wollte das Fußball-Juwel vor dem richtungsweisenden Duell vor überzogenen Erwartungen in Schutz nehmen. „Ich würde ihm niemals die Verantwortung auferlegen, alleine unsere Probleme zu lösen. Dafür bin ich da“, sagte der Coach. Bento muss nach dem verpatzten WM-Auftakt gegen Deutschland sein Team wegen mehrerer Verletzter umbauen. Nun droht auch der Ausfall von Innenverteidiger Bruno Alves wegen Leistenproblemen. Bento kündigte an, Neto Luís aufzustellen, sollte der 32-Jährige nicht spielen können.
Beasley, der WM-Debütant von 2002, ist längst ein Routinier mit mehr als 100 Länderspielen. Als erster Amerikaner spielt er zum vierten Mal beim Welt-Turnier. Die Haare sind deutlich weniger geworden, der Antritt ist nicht mehr so explosiv. Klinsmann hat den einstigen Mittelfeldmann zum Linksverteidiger umfunktioniert. Auch auf seiner neuen Position ist der ehemalige Profi von Hannover 96, der in der Bundesliga vier Einsätze für die Niedersachsen absolvierte, eine unverzichtbare Stütze.
Vor zwölf Jahren war DaMarcus Lamont Beasley der Youngster im Team, ein namenloses Greenhorn. Portugal hatte in seinen Reihen Weltfußballer Luís Figo, der gerade mit Real Madrid Champions League-Sieger geworden war — und daneben Stars wie Rui Costa oder Sergio Conceição. US-Coach Bruce Arena stellte dieser Fußball-Finesse zwei quirlige WM-Neulinge entgegen — Landon Donovan und Beasley, der knapp zwei Wochen zuvor seinen 20. Geburtstag gefeiert hatte.
Trotz der klaren Rollenverteilung war es der Außenseiter aus den USA, der nach nur 36 Minuten in Suwon mit 3:0 vorne lag. So klar hatte seit der WM-Premiere 1930 in Uruguay kein US-Team mehr geführt. „Wir konnten es nicht glauben, es war surreal. Alle haben nur gedacht, 'wow'. Bei einer WM 3:0 gegen Portugal zu führen — auf sowas kommst du nicht mal im Traum“, sagt Beasley noch heute und schüttelt dabei den Kopf.
Er hat die Szenen noch genau vor Augen. Das 1:3 durch Beto kurz vor der Pause, das Eigentor von Jeff Agoos in der 71. Minute, durch das Portugal auf 2:3 herankam. Und natürlich das anschließende große Zittern sowie die Erleichterung nach dem Schlusspfiff. Freudetrunken fielen die Amerikaner übereinander her, schrien, jubelten, konnten kaum glauben, was sie da gerade geleistet hatten. Beasley und Donovan erhielten ein Sonderlob. „Die beiden 20-Jährigen haben mit den Besten der Welt mitgehalten, sie waren unglaublich“, meinte der damalige US-Verbandspräsident Robert Contiguglia.
Es war der Auftakt einer Cinderella-Story, die erst mit der 0:1-Niederlage im Viertelfinale gegen Deutschland enden sollte. „Wir hatten ein großartiges Team“, sagt Beasley stolz. Der jetzigen Mannschaft traut er ebenfalls viel zu. Die Gruppenphase zu überstehen ist das erklärte Ziel. Aufseiten des Gegners steht wie 2002 der Weltfußballer. Diesmal heißt er Cristiano Ronaldo — und hat, wie einst Figo, vor wenigen Wochen mit Real Madrid die Champions League gewonnen. Und noch eine Parallele: Portugal ist erneut Weltranglisten-Vierter.