Belgier sollen wie Helden empfangen werden
Brasilia (dpa) - Eine große Parade mitten durch Brüssel? Ein Empfang auf dem Rathausbalkon? Ein riesiges Fanfest mit den Spielern mittendrin? Noch wird in Belgien fleißig und vor allem hastig daran gearbeitet, wie man die Nationalmannschaft nach ihrer Rückkehr aus Brasilien am besten feiert.
Am Montagnachmittag sollen Kevin de Bruyne, Eden Hazard und Co. in Brüssel landen, spätestens für Dienstag oder Mittwoch ist dann irgendeine Form von Party gewaltigen Ausmaßes geplant. Die „Roten Teufel“ sollen in der Heimat wie Helden empfangen werden - auch nach dem 0:1 (0:1) im Viertelfinale gegen Argentinien.
Allerdings bat Nationaltrainer Marc Wilmots die Fans, bei der Ankunft der Mannschaft nicht zum Flughafen Brüssel-Zaventem zu kommen. „Es ist eine Frage der Sicherheit, und es ist extrem schwierig, das in so kurzer Zeit zu organisieren“, sagte Wilmots am Sonntag in Mogi das Cruzes bei der Abschieds-Pressekonferenz. Seine Anerkennung für die Leistung der Mannschaft hatte er bereits zuvor zum Ausdruck gebracht.
„Ich bin sehr stolz auf die Jungs. Es gibt nichts, was sie bedauern müssten“, sagte Wilmots unmittelbar nach dem Spiel am Samstag. „Es ist eine Mannschaft mit soviel Leidenschaft. Es gab viele, die geweint haben in der Kabine.“
Trotz der eher enttäuschenden und gehemmten Vorstellung gegen Argentinien sahen das die belgischen Medien am Sonntag ähnlich. „Danke, ihr Teufel“, titelte die Zeitung „Dimanche“. Die Spieler selbst bedankten sich mit einem offenen Brief „an die besten Fans der Welt“ für die Unterstützung in der Heimat. „Wir verlassen Brasilien müde, aber erhobenen Hauptes“, heißt es darin.
Der mehr oder weniger glücklichste Belgier nach dem Spiel gegen Argentinien war Daniel van Buyten. Er sicherte sich nach seinem 85. und letzten Länderspiel das Trikot von Lionel Messi. Es ist zwar schwer vorstellbar, dass der 1,97-Meter-Hüne dieses Leibchen der geschätzten Größe XS jemals wird anziehen können in seinem heimischen Garten. Aber der Verteidiger von Bayern München versteckte es trotzdem ganz tief in seiner Sporttasche.
„Belgien hat jetzt eine Generation, die noch lange auf diesem Niveau weiterspielen kann“, sagte der 36-Jährige. „Wichtig ist, dass diese Mannschaft sich gleich wieder für die EM 2016 und die WM 2018 qualifiziert. Denn was ihr noch fehlt, sind Spiele, Spiele, Spiele auf diesem allerhöchsten Niveau. Wenn diese Mannschaft mehr Erfahrungen sammelt und Fehler wie heute abstellt, dann ist sie irgendwann auch ein Kandidat für einen großen Titel.“
Van Buyten wird diesen Prozess der „Roten Teufel“ nicht mehr weiter begleiten. Seine Nationalmannschafts-Karriere ist seit Samstag vorbei. Ob er sich nach seinem Abschied vom FC Bayern noch einmal einem anderen Verein anschließt, will er in den nächsten Wochen „in aller Ruhe mit meiner Familie besprechen“.
Aus seiner ganzen Erfahrung heraus analysierte er die Situation der belgischen Mannschaft sehr treffend. Auf der einen Seite lief dort eine „goldene Generation“ auf, wie selbst der argentinische Coach Alejandro Sabella ehrfurchtsvoll erklärte. Auf der anderen Seite waren gerade die jungen Hazard, de Bruyne oder Divock Origi am Samstag in Brasilia noch nicht reif genug, um in den Kreis der besten vier Teams bei dieser WM vorzustoßen.
Entgegen ihrer vollmundigen Ankündigungen ließen die Belgier sich eben doch einschüchtern: von der Größe der Aufgabe, von dem Lärm der argentinischen Fans. Von dem frühen Gegentor durch Gonzalo Higuain (8.) und der ständig lauernden Gefahr namens Lionel Messi. „Das Viertelfinale ist das richtige Ergebnis für das Potenzial, das wir haben“, meinte van Buyten. „Insgesamt müssen wir das positiv sehen. Belgien hat zwölf Jahre lang nicht an einer WM teilgenommen. Und jetzt haben wir hier um den Einzug unter die besten Vier gespielt.“
Mit dieser Tonlage unterschied er sich hörbar von Trainer Wilmots, der eher wie zu früheren Schalker „Kampfschwein“-Zeiten durch die Pressekonferenz pflügte. „Wir hatten drei, vier Torchancen. Wie viele hatte Argentinien? Wenn wir so gespielt hätten, würde mich die belgische Presse zerreißen“, sagte er. Oder: „Messi ist DER Starspieler. Er macht Fouls, aber der Schiedsrichter pfeift nicht.“ Keine Frage, Wilmots war ein schlechter Verlierer. Er schimpfte über alles und jeden, der nicht das belgische Trikot trug.
Kevin de Bruyne dagegen stand nach dem Schlusspfiff einfach nur still auf dem Rasen und kämpfte mit den Tränen. Auch zu den Journalisten sagte der Profi des VfL Wolfsburg hinterher kein Wort. Eines hatte er aber schon vor dem Spiel klar festgelegt: „Messi kriegt mein Trikot nicht.“