DFB-Elf schon „Sympathie-Champion“ in Brasilien
Rio de Janeiro (dpa) - Es ist eine Liebe, die vor dem Rendezvous nicht mehr zu verheimlichen ist. Die Brasilianer fiebern, feiern, zittern und leiden natürlich mit der Seleção, das deutsche Team aber haben sie in ihr Herz geschlossen.
„Ein Halbfinale Brasilien - Deutschland, das ist Wahnsinn! Einfach super“, sagte der ARD-Experte und frühere Bundesliga-Torschützenkönig Giovane Elber der Nachrichtenagentur dpa. „Die Brasilianer mögen den Fußball der Deutschen einfach. Und sie haben nicht vergessen, wie sie 2006 empfangen wurden, was für eine tolle WM das damals war.“
Das „Alemanha“ von 2014, schrieb das Internetportal UOL, „ist brasilianischer als Brasilien.“ Lange Bälle, Luftkämpfe, Fernschüsse, harte Zweikämpfe - „vergesst alle Stereotypen des deutschen Fußballs! Damit liegt ihr total falsch.“ Und weiter hieß es: „Mario Götze, Thomas Müller, Mesut Özil, Lukas Podolski, Toni Kroos, André Schürrle. Mit Ausnahme von Neymar, der nicht mehr spielen kann, ist die deutsche Auswahl mit dem Ball am Fuß viel talentierter als Brasilien.“
UOL fand sogar „neun Gründe, warum Deutschland das geilste Team der WM ist“. „Lance!“, die größte Sportzeitung des Landes, erfand den Begriff „Bralemanha“ und veröffentlichte Fotos: Wie Bastian Schweinsteiger und Co. während des Elfmeterkrimis zwischen Brasilien und Chile die Fahne des WM-Gastgebers schwenkten, wie sie das Vereinslied von Bahia de Salvador sangen, wie Schweinsteiger ein Trikot von Grêmio Porto Alegre trug und sich mit dem früheren Bundesliga-Profi Zé Roberto ablichten ließ und wie der Bayern- Spieler zusammen mit Lukas Podolski in einem Hemd von Flamengo steckte.
Die rheinische Frohnatur „Poldi“ haben die Brasilianer ohnedies schnell „adoptiert“. Er sucht den Kontakt zu den Brasilianern und spart nicht mit Lob. „Brasilien, wunderbares Land, voll von coolen Leuten und fantastischen Spielern“, twitterte der beim FC Arsenal unter Vertrag stehende Podolski am Sonntag. Er stellte auch gleich ein Foto ein, das ihn mit Ronaldo Fenômeno zeigt. Auch Ronaldinho gehört zu seinen Vorbildern. „Schon gut, dass meine beiden Idole am Dienstag nicht spielen“, fügte er scherzend hinzu. Genau diese Mischung aus Humor und ehrlicher Anerkennung schätzen die Brasilianer sehr.
Auch dass das deutsche Auswärtstrikot mit seinen roten und schwarzen Querstreifen an das Flamengo-Trikot angelehnt ist, fällt nicht nur den Flamengo-Anhängern in Rio wohlwollend auf. Es war ein geschickter Schachzug des DFB. Bei den Fans des populärsten brasilianischen Clubs sind die Hemden jedenfalls ein Renner. „Dass Schweinsteiger uns gegen Chile angefeuert hat, das ist im ganzen Land riesig angekommen“, erklärte Elber. Auch diverse PR-Aktionen des deutschen Teams wie mit den einheimischen „lepo-lepo“-Tänzern wurden aufmerksam registriert. Die „Alemães“, lobte UOL, verstünden sehr wohl, dass es sich bei dieser Veranstaltung um mehr als eine WM handle.
Für die brasilianische Ausgabe des Internetportals „Goal“ war deshalb schon am Wochenende klar, dass die Deutschen „den Titel des Sympathie-Champions“ bekommen. Die Aktionen der Spieler seien spontan und überraschend und zeigten, dass sie sich in Brasilien wirklich wohlfühlten. Doch trotz des „Carinho“ (Zuneigung/ Warmherzigkeit) wissen die Brasilianer: Am Dienstag wird die Freundschaft in Belo Horizonte für mindestens 90 Minuten unterbrochen. „Natürlich werden die lokalen Fans sie (die Deutschen) nicht unterstützen“, schrieb „Goal“. „Aber nichts kann den „Alemães“ den Titel der sympathischsten Seleção der WM wegnehmen.“