Frankreich-Coach Diskussion um Zidane - Deschamps muss in Russland abliefern

Kasan (dpa) - Zinédine Zidane macht in diesen Tagen Urlaub auf Ibiza. Weit weg von Russland, weit weg von der Fußball-WM. Und doch ist der Held von 1998 immer wieder Gesprächsthema bei der französischen Nationalmannschaft.

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Längst wird er nach seinem Abgang bei Real Madrid als Nachfolger von Didier Deschamps gehandelt - früher oder später. Das hängt auch von dem Abschneiden der Équipe Tricolore bei der Endrunde ab. Mit einem Sieg im zweiten Gruppenspiel gegen Peru am Donnerstag (17.00 Uhr) in Jekaterinburg - möglichst überzeugender als beim müden 2:1 gegen Australien - könnte Deschamps die Diskussionen erstmal verstummen lassen.

Doch auch für den aktuellen Chef der französischen Auswahl steht fest: „Er wird eines Tages Nationaltrainer. Das erscheint mir logisch. Wann es sein wird, kann ich nicht sagen. Es passiert, wenn es passiert.“ Es sei kein Thema, mit dem er sich beschäftige, sagt Deschamps. Den Druck auf den 49-Jährigen hat der unerwartete Abgang Zidanes in Madrid aber zweifelsohne erhöht, denn Deschamps wird in Frankreich durchaus kritisch gesehen.

Ein fehlender Matchplan und mangelndes taktisches Geschick, wird ihm oft vorgeworfen. Dinge, die ihn auch in Russland einholen. „Er hat Zeit verschwendet, indem er ein System installierte, das er vor dem ersten Spiel wieder verworfen hat“, monierte das Fachblatt „L'Equipe“. So hatte der Coach in der Vorbereitung dreimal im 4-4-2 spielen zu lassen, um dann gegen Australien wieder zum gewohnten 4-3-3 zurückzukehren. Fehlte ihm der Mut? „Ich passe mein System den Gegebenheiten an“, rechtfertigt sich der Trainer.

Gegen Deschamps zu schießen, ist beliebt. Stürmer Karim Benzema hatte dem Coach nach seiner Nichtnominierung vorgeworfen, sich „rassistischem Druck“ zu beugen. Der Real-Angreifer ist seit seiner Verwicklung in die Sextape-Affäre um Mathieu Valbuena im Jahr 2015 außen vor, was bei Ex-Schweden-Star Zlatan Ibrahimovic Unverständnis auslöste. „Der Trainer sagt, Benzema wäre nicht gut genug für das Team? Wenn er so etwas sagt, dann gehört er nicht hierher. Das ist lächerlich!“, sagte der 36-Jährige als TV-Experte von beINSports.

Benzema ist kein Einzelfall, auch unbequeme Spieler wie Franck Ribéry, Dimitri Payet oder Alexandre Lacazette haben die Härte von Disziplinfanatiker Deschamps schon zu spüren bekommen. Der Teamgedanke steht beim Weltmeisterkapitän von 1998 an oberster Stelle, Deschamps predigt Demut und Respekt. Laptops und Zeitungen sind bei ihm am Tisch verboten. Ein Eklat wie bei der Spielerrevolte 2010 in Knysna wird es unter ihm nicht geben. Dass sich das Bild der Mannschaft gewandelt hat, schreibt Verbandspräsident Noël Le Graët ihm zu: „Didier verdient tiefen Respekt.“

Die nackten Zahlen sprechen für den 49-Jährigen aus dem französischen Baskenland. In den sechs Jahren unter Deschamps gab es 48 Siege in 77 Spielen - sieben mehr als bei Michel Hidalgo (1976 bis 1984) und Raymond Domenech (2004 bis 2010). In der letzten Gruppenpartie gegen Dänemark wird er zu Domenech als „Sélectionneur“ mit den meisten Partien aufschließen. Bei den Turnieren erreichte er bei der WM 2014 das Viertelfinale und zwei Jahre später bei der Heim-EM Platz zwei. In Russland ist offiziell das Halbfinale das Ziel, weil „Brasilien, Spanien und Deutschland erfahrener sind“.

Von Le Graët bekam er vor dem Turnier eine Jobgarantie bis zum Ende seines laufenden Vertrags im Jahr 2020: „Es gibt keine negative Linie.“ Was das noch zählt, wenn es schief läuft? 52 Prozent der Franzosen wünschen sich in einer Umfrage jedenfalls Zidane als nächsten Nationaltrainer.