Ein Tor von Herrn Tadellos

Hummels überzeugt und muss leider raus, Özil ist stärker, als er selbst glaubt — und Neuer wird von den Portugiesen geschont.

Mats Hummels lieferte eine tadellose Leistung.

Foto: Thomas Eisenhuth

Manuel Neuer Da bangte man wochenlang um die deutsche Nummer eins, und dann ist Portugal so nett und belastet die angeschlagene Schulter des Münchener Torhüters nicht weiter. Neuer trug violette Streifen auf dem Trikot, ein modischer Blickfang, der erfreulich selten den Weg ins TV-Bild fand. Klärte allein zweimal sehr gut gegen Ronaldo.

Jerome Boateng: Nahm Cristiano Ronaldo die Lust am Fußball, was gestern tatsächlich keine so große Aufgabe war, wie man es vermuten könnte. Fand durchaus noch Zeit für einige offensive Vorstöße.

Mats Hummels lieferte eine tadellose Leistung in der Innenverteidigung und schien über seinen Kopfballtreffer aus ansehnlicher Höhe zum 2:0 selbst am meisten überrascht. Dass er verletzt raus musste, ist die schlechteste Nachricht des gestrigen Tages.

Per Mertesacker: Alle loben den „Langen“, er gehe voran, übernehme in diesen Tagen von Brasilien viel Verantwortung. Genauso spielte Mertesacker gegen Portugal, stand immer richtig und bügelte zwei, drei Unreinheiten im deutschen Spiel aus. Und hat nach einer EM 2012 auf der Bank wieder eine Rolle, die ihm gerecht wird.

Benedikt Höwedes: Begann wie erwartet als Linksverteidiger, was vor Wochen noch nicht vorstellbar war. Hatte es in Nani mit Portugals Bestem zu tun, erledigte das Werk des Verteidigers aber ziemlich solide. Wenn es ein Spiel gebraucht hat, dass das Selbstvertrauen des Schalkers stärken musste, dann war es jenes gestern gegen Portugal. Erst einmal gesetzt, die Alternative Erik Durm wird noch warten müssen.

Philipp Lahm: Fand es in der „ersten Halbzeit brutal heiß auf dem Platz“. Das merkte man seinem Spiel zunächst an: Machte zwei Fehler, die man so von Lahm nicht kennt, schüttelte sich dann aber und wurde wieder der Lahm, wie man ihn kennt: Anführer, ballsicher, ein Mann mit Übersicht. Da geht noch mehr. Aber es folgen ja auch noch Spiele.

Sami Khedira: Ist das eigentliche Wunder im deutschen Team. Erreichte ein halbes Jahr nach dem Kreuzband-riss gegen Portugal sein erstes Etappenziel. Neunzig Minuten WM-Luft zum Auftakt, Löw gewährte ihm in der Hitze von Salvador die ultimative Spielpraxis. Hätte das 1:0 erzielen müssen, als er aus 25 Metern am verlassenen Tor vorbeizielte. War aber Renner, Kämpfer — und überraschend offensiv eingestellt. Musste seine Teamkameraden Pepe und Ronaldo trösten, die nahmen derartige Zuneigung leidlich zur Kenntnis.

Toni Kroos: Erfüllte seine taktischen Aufgaben hervorragend. Suchte schnelles Spiel nach vorn genauso wie die Tempoverschleppung bei Ballbesitz. Ein echter Stratege, den Löw längst zu schätzen weiß. Kroos kann bei dieser WM noch ein sehr wichtiger Spieler für das deutsche Team werden. Bereitete das 2:0 per Eckball vor, lief zudem mit 11,7 Kilometern am meisten im deutschen Team.

Mesut Özil: Warum blickt er eigentlich stets so traurig drein? Als er ausgewechselt wurde, trabte Özil vom Platz, als sei der WM-Auftakt kräftig misslungen. Erst als Bundestrainer Löw ihm noch einmal das Haupt tätschelte, kehrte ein überschaubares Lächeln zurück. Özil hätte seine durchaus engagierte und gute Leistung mit einem Treffer krönen müssen. Bei einem 4:0 ist das aber durchaus zu verkraften.

Thomas Müller: War bei der WM 2010 Torschützenkönig, als Deutschland ebenfalls mit einem 4:0 startete — damals gegen Australien. Ob er das tatsächlich wiederholen kann? Erzielte allein drei Tore, war nervenstark beim Elfmeter, ständig unterwegs und so in vorderster Front von der portugiesischen Abwehr nicht einzufangen. Mit welcher Coolness Müller die WM annimmt, ist ein echter deutscher Trumpf.

Mario Götze: 11,6 Kilometer absolvierte er, war ständig anspielbar und holte den Elfmeter zum 1:0 heraus. Insofern hat sich sein etwas überraschender Einsatz gelohnt. Aber: Er verliert mit seiner bisweilen zu lässigen Art auch noch zu viele Bälle.

André Schürrle: War die erste „Spezialkraft“, wie Löw jene Spieler nennt, die von der Bank kommen und noch einmal den Unterschied ausmachen sollen. Bereitete das vierte deutsche Tor vor und wird weitere Einsätze bekommen.

Shkodran Mustafi: Gerade noch fast im Urlaub und ausgemustert, schon bekommt er seinen ersten WM-Einsatz in seinem erst zweiten Länderspiel. Durfte sich nach Hummels’ Verletzung auf der rechten Abwehrseite um Cristiano Ronaldo kümmern, weil Jerome Boateng nach innen gerückt war. Fortan schaute er sich an, wie ein gefrusteter Ronaldo die Lust am Fußball verlor. Es gibt unangenehmere Aufgaben.

Lukas Podolski: Kam später als gedacht für Thomas Müller ins Spiel und hatte so nicht mehr die Gelegenheit, bereits kaputt gespielte Portugiesen noch ein wenig zu ärgern. Freute sich trotzdem, weil sich ein Lukas Podolski einfach immer freut. Das sollte er sich erhalten.