Achtelfinal-Auftakt Ein Vize fliegt - Adios Messi oder Au Revoir Frankreich?
Kasan (dpa) - Vizeweltmeister oder Europas Nummer zwei, Lionel Messi oder Antoine Griezmann - wer fliegt raus?
Der erste Achtelfinalkracher der WM in Russland wird nicht nur zum nächsten schweren Stresstest für Argentiniens Edelfan Diego Maradona, sondern vor allem zur großen K.o.-Bewährungsprobe für Messi, der seine sechs WM-Tore alle in Gruppenspielen erzielte. „Es wird ein sehr schweres Spiel, ohne Zweifel“, prophezeite Messi vor der Partie der Südamerikaner gegen den EM-Zweiten Frankreich an diesem Samstag (16.00 Uhr) in Kasan.
Denn die Équipe tricolore will Messi nicht zur Entfaltung kommen lassen. „Kein Durchkommen“, titelte Frankreichs Sportzeitung „L’Équipe“ dem Kapitän der Albiceleste schon an - dazu ein Foto mit Defensivspielern im französischen Trikot um Messi herum. „Ich bin sicher, dass Frankreich einen Plan hat, Messi zu neutralisieren. Wir haben einen Plan, ihm das Leben leichter zu machen. Wir werden sehen, wer seinen Plan besser umsetzt“, meinte Argentiniens Coach Jorge Sampaoli. „Er kann aus wenig den Unterschied machen“, weiß sein französischer Kollege Didier Deschamps.
Wieder steht Messi im Mittelpunkt, in Kasan kam der Kapitän der Albiceleste mit frisch geschnittenen Haaren an - an den Seiten kurz. „Wir werden aggressiv rangehen“, versprach sein Coach. „Wir wollen unseren Spielstil durchsetzen, das Spiel kontrollieren, das ist unser Ziel.“
Auf beiden Seiten steht unglaublich viel auf dem Spiel: Messis mögliches Karriereende im Nationaldress, das Aus von Sampaoli und dem, was dem erneuten und endgültigen tiefen Fall einer ungekrönten Generation in Argentinien bei einem Achtelfinal-Aus folgen würde. In Frankreich würden die Rufe nach Zinédine Zidane als möglichem Nachfolger von Deschamps noch lauter - trotz aller Beteuerungen vom Verbandschef.
Zwei Mannschaften gespickt mit Stars, allen voran der allmählich in Schwung kommende Messi bei Argentinien und der noch komplett formlose Griezmann bei den Franzosen. „Frankreich braucht einen Antoine Griezmann auf Top-Level, und er tut alles, damit das der Fall ist“, sagte Deschamps. „Er hat jetzt seinen Rhythmus aufgenommen.“
Es ist auch das Duell zweier Trainer, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Zettel-Sampaoli auf der einen Seite, der vor dem Training mit seinen Notizen in der Hand mit Messi oder Javier Mascherano letzte Einzelheiten klärt und die ganze Mannschaft dem Wohl des Heilsbringers mit der Nummer 10 unterordnet.
Deschamps auf der anderen Seite, ein Bestimmer, ein nüchterner Analytiker, unspektakulärer Arbeiter, der Taktik und Disziplin über die Mannschaft und über jeden seiner Starspieler stellt. Sei es Griezmann, Paul Pogba oder Kylian Mbappé. Deschamps sitzt am Samstag zum 80. Mal auf Frankreichs Bank und wird zum alleinigen Rekordcoach. „Ich jage keine Rekorde, nur das Spiel ist wichtig“, sagte er.
Frankreich will erstmal ein Tor verhindern. „Das Level wird weiter steigen, wir dürfen uns weniger Fehler erlauben“, mahnte Torhüter Hugo Lloris. Argentiniens Coach Sampaoli weiß aber auch um die Offensiv-Gefahr: „Sie können mit drei vier Pässen ein Tor machen.“ Er selbst ließ seine Torhüter beim Abschlusstraining Elfmeterschießen üben, und wird vor allem auf seine Offensive setzen müssen, wo Messi den Ausschlag geben soll. „Leo hat so eine klare Vision vom Fußball. Er lässt uns manchmal Dinge sehen, die nur Genies sehen.“
Dennoch schaffte es Messi nicht, mit Argentinien den Titel zu holen. 2006 ausgeschieden im Viertelfinale, 2010 ebenfalls und 2014 das verlorene Finale. Jedes Mal gegen Deutschland. Dieses Trauma bleibt ihm diesmal erspart.
Ein Scheitern in der Runde der besten 16 wäre trotzdem ein persönliches Desaster für Messi - egal, ob der Gegner Vizeeuropameister ist und ob Freundschaften vorübergehend ruhen. „Wir sind Kumpel, aber Samstag...“, sagte Frankreichs Verteidiger Samuel Umtiti in Richtung des Barça-Kollegen: „Ob ich will, dass mein Kumpel verliert? Ja, diesmal schon.“
Es gilt als sicher, dass Sampaoli in seinem 15. Spiel als Nationalcoach der Argentinier erstmals die Startelf nach dem ersten Sieg in Russland nicht verändert. Der Erfolg gegen Nigeria war auch der dringend benötigte Stimmungsaufheller bei Messi. Alles aber gar nicht schlimm für die Aussichten der Franzosen, geht man nach dem Magazin „France Football“: „Es ist eine echte französische Tradition: Für Les Bleus ist es immer bequemer, wenn sie in der Rolle des Außenseiters sind.“