Endlich Stammkraft: Almeida vor WM-Start in Topform

Campinas (dpa) - Auf dem Papier haben die Portugiesen noch immer fast die gleiche Mannschaft wie bei der EM 2012. Auf den ersten Blick aber sah es bei der Ankunft des ersten deutschen WM-Gegners in Brasilien so aus, als wären dort lauter neue Gesichter aus dem Flugzeug gestiegen.

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Der Mittelfeldspieler Raul Meireles etwa sieht mit seinem Irokesenschnitt und Vollbart aus, als gehöre er einer Motorrad-Gang an. Dafür trägt Pepe von Real Madrid keine Glatze mehr, sondern volles, lockiges Haar. Und dann ist da noch Hugo Almeida, der frühere Bremer, der auf einmal ganz im Stil der portugiesischen WM-Elf von 1986 mit einem Schnurrbart herumläuft und nach seinen beiden Toren im letzten Testspiel gegen Irland (5:1) auch noch demonstrativ daran zupfte.

Endlich einmal auffallen - das möchte der mittlerweile 30 Jahre alte Stürmer bei dieser WM nun auch in sportlicher Hinsicht. Für Almeida ist es bereits das vierte große Turnier seiner Karriere. Aber zum ersten Mal hat er auch die Chance, als Stammspieler dabei zu sein. „Eine WM ist das Größte, was man als Fußballer erreichen kann“, sagt er. „Nationalspieler meines Landes zu sein, macht mich stolz. Ich will mich dafür mit Toren bedanken.“

Das Besondere an Almeidas Situation ist: Bereits seit Jahren liefert er sich einen Konkurrenzkampf mit Helder Postiga von Lazio Rom um den Posten des Mittelstürmers in der „Selecao“. Die meisten Fans haben sich dabei nie die Frage gestellt: Wer ist der Bessere von beiden? Sondern eher: Wer ist das geringere Übel? An die internationale Klasse eines Nani oder Ronaldo reichen beide nicht heran. Die Nummer 9 gilt seit dem Rücktritt von Pedro Pauleta 2006 als Schwachpunkt der Portugiesen.

Trainer Paulo Bento bevorzugte bislang meist Postiga, doch der blickt aus Verletzungsgründen auf ein völlig verkorkstes Jahr zurück. Almeida dagegen empfahl sich mit 13 Saisontoren für Besiktas Istanbul und seinen beiden Treffern gegen Irland für einen Einsatz gegen Deutschland. Mittlerweile kommt Bento nicht mehr an ihm vorbei.

Doch so ungestüm er manchmal auch über den Platz rennt, so galant ausweichend gibt sich Almeida zumeist in den Interviews am Rand. Sehen Sie sich jetzt gegenüber Postiga im Vorteil? „Das ist eine Frage für den Trainer“, antwortete er. Was bedeuten Ihnen die Tore gegen Irland? „Ich habe hier nur meine Arbeit gemacht.“

Zwischen 2006 und Dezember 2010 spielte Almeida für Werder Bremen. Thomas Schaaf als Trainer sowie Klaus Allofs als Sportchef machten in dieser Zeit die gleichen Erfahrungen mit ihm wie aktuell Bento. Sie wussten immer um seine enorme Wucht und Schusskraft und Dynamik - aber es trieb sie mitunter in die Verzweiflung, dass er diese Qualitäten auch häufig verbarg. Immerhin hat Almeida seine Bremer Jahre in so guter Erinnerung, dass er sich jetzt auf ein Wiedersehen bei der WM mit Per Mertesacker oder Mesut Özil freut. „Das war ein großer Schritt in meinem Leben und in meiner Karriere. Ich habe enge Freundschaften geschlossen und eine Menge gelernt“, sagte er dem „Kicker“.

Almeidas Vertrag in Istanbul läuft in diesem Sommer aus. Die WM ist für ihn auch deshalb so wichtig, weil er noch einmal andere Clubs auf sich aufmerksam machen kann. „Die englische Premier League“ würde ihn reizen, hat er schon mehrfach gesagt. Doch dafür muss er bei dieser WM wirklich positiv auffallen.