Mbappé sticht Messi aus Frankreich nach 4:3 gegen Argentinien weiter
Kasan (dpa) - Der überragende Kylian Mbappé hat Frankreich mit Hochgeschwindigkeits-Fußball ins WM-Viertelfinale geführt und die Titelträume von Argentiniens Superstar Lionel Messi bei dessen vermutlich letzter WM beendet.
Die Équipe tricolore setzte sich in einer hochklassigen und spannenden Partie vor 42.873 Zuschauern in Kasan mit 4:3 (1:1) durch. Frankreich gehört nach der offensiv überzeugenden Leistung endgültig zum Kreis der WM-Favoriten - für Messi bleibt der Goldpokal vermutlich eine unerfüllte Sehnsucht. „Wir haben alles gegeben, was wir konnten. Wir sind an einem großen Gegner gescheitert“, sagte Messis großer Kumpel Javier Mascherano, der gleich nach dem Spiel seinen Rücktritt erklärte.
Mbappé entschied die Partie mit zwei sehenswerten Treffern (64./68. Minute). Antoine Griezman hatte Les Bleus per Elfmeter nach Foul an Mbappé in Führung gebracht (13.), Ángel di María glich mit einem fulminanten Weitschuss aus (41.). Gabriel Mercado lenkte einen Messi-Schuss zur Führung für Argentinien ins Tor (48.), ehe der Stuttgarter Benjamin Pavard traf (57.). In der Nachspielzeit machte es Sergio Agüero (90.+3) noch einmal kurze Zeit spannend.
„Klar sind wir froh, wir haben uns gut gefühlt. Die Kameraden haben gesagt: 'Mach ein paar schöne Sachen'“, sagte Mbappé am Spielfeldrand. Sturmkollege Griezmann schnappte sich das Mikrofon und rief voll Freude: „Es lebe Frankreich. Es lebe die Republik!“ Trainer Didier Deschamps, der nach seinem 80. Länderspiel französischer Rekordtrainer ist, konstatierte: „Es war ein großes Match mit zwei großen Teams. Wir haben getan was notwendig war.“
Sein Team dominierte die Partie mit Tempofußball und verdiente sich so den Einzug ins Viertelfinale am Freitag gegen Uruguay in Nischni Nowgorod. Messi enttäuschte bis auf wenige Szenen. Auf den Tag genau vor zwölf Jahren war er beim Sommermärchen im Viertelfinale gegen Deutschland erstmals bei einer WM ausgeschieden. Ein Tor in einem WM-K.o.-Spiel wollte ihm wieder nicht gelingen.
Peinliche TV-Bilder von Maradona auf der Tribüne gab es vor dem Spiel diesmal nicht. Der Edel-Fan nahmChristoph Harting bescherte den deutschen Leichtathleten im Stade Charléty als Zweiter den einzigen Podestplatz. aber selbstverständlich mit seiner Freundin in der VIP-Loge Platz. Was er sah, konnte ihm erstmal nicht gefallen. Argentinien wurde überrumpelt. Einen Freistoß setzte Griezmann (9.) noch an die Latte. Kurz darauf schob er per Strafstoß souverän ein. Mbappé war zuvor gleich vier Argentiniern im Eiltempo davon gelaufen. Marcos Rojo - gegen Nigeria noch Siegtor-Held - konnte den 19-Jährigen nur noch zu Boden reißen.
Argentinien war um eine Antwort bemüht. Der Versuch eines geordneten Spielaufbaus war aber zu harmlos. Dann hatte Mbappé wieder den Ball und prompt wurde es wieder gefährlich. Auf dem direktem Weg zum Tor stoppte ihn diesmal Nicolas Tagliafico kurz vor dem Strafraum. Rot? Referee Alireza Faghani beließ es bei Gelb. Paul Pogba jagte den Freistoß über das Tor.
Frankreich stand hinten sicher. Da nützte Argentinien mehr Ballbesitz nichts. Messi war quasi aus dem Spiel genommen. Nur über eine Einzelaktion konnte Argentinien wieder in die Partie finden. Di Maria war dafür der richtige Mann. Aus 28 Metern erzielte er mit einem Kunstschuss den Ausgleich - sein erstes Tor für die Albiceleste seit einem Jahr und sein zweiter WM-Treffer nach dem Siegtor gegen die Schweiz im Achtelfinale 2014. Nun war auch der jubelnde Maradona auf der Stadionleinwand und im TV zu sehen.
Für Frankreich war es das ersten Gegentor bei einer WM gegen ein Team aus Südamerika nach 798 Minuten - und einer mit Wirkung. Auch nach der Pause wirkte Argentinien plötzlich gedanklich frischer. Pavard wurde zum doppelten Unglücksraben. Erst foulte er di Maria. Nach dem folgenden Freistoß hob er das Abseits auf, so dass der von Mercado abgefälschte Messi-Schuss regelkonform ins Tor ging.
Frankreich wirkte ratlos - und ausgerechnet Pavard machte alles wieder gut. Mit einem Traumschuss zwirbelte der VfB-Profi den Ball zum Ausgleich ins Tor. Das Spiel begann nach einer knappen Stunde praktisch neu - für ganze sieben Minuten. Dann setzte sich Mbappé mit Wucht im Strafraum durch. Franco Armani im argentinischen Tor kam nicht schnell genug auf den Boden, Frankreich war wieder vorn und Messi war nun mehr denn je gefragt.
Das nächste Ausrufezeichen setzte aber wieder Mbappé. Argentinien gab dem schnellen Teenager recht naiv viel Raum. Der PSG-Stürmer erzielte seinen zweiten Treffer - das war laut Opta in einem WM-Spiel einem Akteur unter 20 Jahren zuletzt Pelé 1958 gelungen.