Goldene Generation gescheitert - Drogba-Zukunft ungewiss
Fortaleza (dpa) - Didier Drogba verabschiedete sich aus dem Stadion ohne Worte - und redete erst am anderen Tag auf dem Flughafen. Nach dem bitteren WM-Aus hat der ivorische Fußballstar noch nicht über das Ende seiner Karriere in der Nationalelf entschieden.
„Nicht sofort, ich muss das alles erst mal verarbeiten, dann sehen wir weiter“, sagte der 36 Jahre alte Angreifer der Nachrichtenagentur dpa. Ob der Afrika-Cup im kommenden Jahr eine Rolle spiele? „Ja, vielleicht“, antwortete der Angreifer: „Wir müssen sehen.“
Wie groß Drogbas Enttäuschung war, ließ sich am Abend zuvor im Stadion erkennen. Einem Mann an der Ecke gab der Nationalheld der Elfenbeinküste nach dem bitteren Vorrunden-K.o. gegen Griechenland noch ein Autogramm, mit einem weiteren klatschte er sich ab, dann war der Stürmer von Galatasaray Istanbul verschwunden - mit schlurfendem Gang und einem Blick, der irgendwo zwischen verletztem Stolz und tiefer Trauer lag.
„Das ist einfach scheiße“, analysierte dafür der ehemalige Stuttgarter Arthur Boka nach dem 1:2. „Es sind alle traurig. Wir wissen, für uns, für die alten Spieler, dass es fast vorbei ist. Die nächste WM spielen wir nicht mehr. Wir haben etwas verpasst in den letzten Minuten.“ Die goldene Generation der Elfenbeinküste ist auch bei ihrer dritten WM-Teilnahme früh gescheitert. „Es fehlte uns an Spielintelligenz, wir waren sehr naiv“, erklärte Kolo Touré der Zeitung „L'Equipe“. Die schlechte Defensive sei „bedauerlichweise ein Problem der afrikanischen Mannschaften, wir denken nicht nach“, ergänzte der Innenverteidiger des FC Liverpool, der auch noch nicht über seine Zukunft im Nationalteam entschieden hat.
Bis in die Nachspielzeit hinein hielten die Ivorer gegen konterstarke Griechen ein 1:1, das erste Achtelfinale in der WM-Geschichte des Landes war so gut wie perfekt. Dann fiel Georgios Samaras im Strafraum des Estádio Castelão - und der Schiedsrichter pfiff Elfmeter. „Ich sage es ehrlich, er hat mich getreten. Aber er war clever. Ich wollte ihm nichts Böses tun“, beschrieb der foulende Giovanni Sio die Situation aus seiner Perspektive. „Das ist schmerzhaft, so zu verlieren. Es war eine gespenstische Stille in der Kabine. Wir haben nicht gesprochen. Ich will nur nach Hause gehen, mich ausruhen und versuchen, das Spiel zu vergessen“, klagte er im kalten Neonlicht der Katakomben.
Sieben Spieler im Kader sind älter als 30 Jahre. Neben Drogba und Boka auch die Brüder Yaya und Kolo Touré, die schon vor dem bitteren Last-Minute-Aus die wohl schwerste Zeit ihres Lebens durchmachten. „Ich kann jetzt nicht über meine Gefühle reden“, war einer der wenigen Sätze, die der jüngere von beiden, Yaya, von sich gab. Fünf Tage vor dem letzten Gruppenspiel war ihr Bruder Ibrahim im Alter von 28 Jahren an seinem Krebsleiden gestorben. Und jetzt dieses unerwartete Aus. Über sein Karriereende in der Nationalmannschaft habe er noch nicht entschieden, sagte Kolo Touré, „aber es war auf jeden Fall meine letzte WM“.
Auch die Brüder gehören der sogenannten goldenen Generation an, die 2006 und 2010 gar als Geheimfavorit in die WM-Endrunde gestartet war, aber nun bereits zum dritten Mal nicht über die Gruppenphase hinauskam. Eine Zäsur ist unausweichlich. Trainer Sabri Lamouchi hört nach zwei Jahren auf. „Ich trete nicht zurück, mein Vertrag endet. Wenn du weder den Afrika-Cup gewinnst noch die WM, dann ist das logisch“, sagte der Franzose.
Auch für Boka steht das Ende in der Nationalmannschaft bevor. „Ich werde noch die nächsten Spiele machen, die Quali für den Afrika-Cup. Aber nach dem Afrika-Cup ist es für mich vorbei“, sagte er. Und Drogba? Der ging, ohne sich öffentlich zu verabschieden. Vielleicht nur für den Moment. Vielleicht aber auch - zumindest im Nationaltrikot - für immer.