Grenzenloser Jubel - Hunderttausende feiern Nationalelf
Berlin (dpa) - Deutschland im Fußball-Rausch: Auf Fanfesten im ganzen Land haben Hunderttausende den WM-Auftaktsieg der deutschen Nationalelf gegen Portugal (4:0) gefeiert.
Bunt geschmückt jubelten die Massen auf den beiden größten Public Viewings in Hamburg und am Brandenburger Tor in Berlin. In anderen Städten verwandelten sich die Bundesligastadien in schwarz-rot-goldene Party-Arenen. Nur die Portugiesen hatten das Nachsehen. Szenen der Euphorie und Trauer:
FANMEILE BERLIN: Die Stimmung auf Deutschlands größter Fanmeile war schon vor dem Anpfiff ausgelassen - und steigerte sich von Tor zu Tor. Mehrere zehntausend Schlachtenbummler bejubelten vor dem Brandenburger Tor in Berlin die vier Treffer der Nationalelf und schwenkten ihre Fahnen in der Abendsonne. Die überwiegend jungen Besucher hatten schon Stunden vor dem Anpfiff die besten Plätze besetzt. Sie trugen Schwarz-Rot-Gold in allen Variationen: Hüte, Mützen, Stirnbänder, Schminke, Osterhasenohren, Halsketten, T-Shirts, Hosen oder Sandalen. Vor Anpfiff gab es noch einen Überraschungsauftritt von Fettes Brot mit ihrem Hit „Fußballgott“.
FANFEST HAMURG: Auf St. Pauli feierten rund 40 000 Fans die erste Samba-Party zur WM in Brasilien. Vereinzelt waren auch Portugal-Anhänger zu sehen, einige von ihnen gingen bereits nach dem 3:0 der deutschen Elf in der Halbzeitpause wieder nach Hause. Die Deutschland-Fans sparten nicht an Schwarz-Rot-Gold - ob in Form von Flaggen oder Hüten, Blumenketten oder Haarbändern. Ein Fahnenmeer begleitete denn auch jedes Tor der Deutschen. Die Zahl der Treffer grölte die Menge dann - angefeuert von einem Moderator - immer zusammen - gefolgt von einem langen und zufriedenen „Nuuuuulll“-Chor (für Portugal).
PORTUGIESENVIERTEL HAMBURG: Einen rot-grünen Kontrast zu den jubelnden Massen in der Fan-Arena bot das nahe Portugiesenviertel: Dort - wo die rund 9300 Landsleute von Ronaldo in der Hansestadt ein eigenes Quartier haben - saßen viele Fans vor den Fernsehern in und vor Bars, Kneipen und Cafés. Manche trugen nur das Portugaltrikot, andere ein deutsch-portugiesisches Gemeinschaftswerk. Riesige Flaggen - teils bis zu zehn Meter lang - hingen über den Eingängen. Vor dem Anpfiff drängten sich viele Menschen in den Lokalen und davor, Autos kamen nur mühsam voran. Mit jedem Treffer der Deutschen wurde es vielerorts etwas ruhiger - in so mancher Bar gar zeitweise ganz leise. Dennoch harrten die Fans der Seleção das Quinas traurig bis zum Ende aus, während die Anhänger des Löw-Teams jubelten.
OPEN-AIR WOHNZIMMER:Sie brachten ihre eigene Sofas mit und feierten in einer gigantischen Wohnzimmer-Atmosphäre: Rund 3000 Fußballfans schauten auf ihren Polstermöbeln im Stadion an der Alten Försterei in Berlin. 9000 sorgten auf der Tribüne und in den Kurven mit Sprechchören und Torjubel für Stadion-Atmosphäre. Auf dem Rasen der Heimstätte von Union Berlin stehen während des Turniers rund 850 Sofas, die die Besitzer selbst dorthin getragen haben. In der Gegengerade hängt ein 700-Zoll Bildschirm - umrahmt von 3500 Quadratmetern Tapete, die das „WM-Wohnzimmer“ perfekt machen.
CENTRO PORTUGES: Es sollte eine grün-rote Fußballparty werden im Centro Portugues in Osnabrück. Gut 300 Portugiesen versammelten sich in ihrem Kulturzentrum. Aber schon nach den ersten Minuten wich die Begeisterung der Ernüchterung. Nach einer guten halben Stunde war die Euphorie verflogen, als Mats Hummels das zweite deutsche Tor machte. Auch ein paar Deutsche hatten sich im Saal eingefunden; die jubelten laut. Die Portugiesen hingegen starrten entsetzt auf die Leinwand. Sie spürten: Es lief nicht gut für das Team um Portugals Fußballsuperstar Christiano Ronaldo. Am Ende hieß es „4:0 für Deutschland“ - keine Fußballfest für Portugals Fans.
FAN-ARENA: Rund 18 000 Fans feierten in der Commerzbank-Arena den Sieg der deutschen Elf. „Spitze, wenn man sowas teilen kann mit so vielen anderen“, sagte ein junger Besucher. Wo sonst die Bundesliga-Profis der Frankfurter Eintracht kicken, gab es die WM-Partie auf einer Leinwand in der Größe eines Basketballfeldes. Auch im Münchner Olympiastadion schalteten die deutschen Fans früh in den Feier-Modus: Spätestens als FC Bayern-Profi Thomas Müller unmittelbar vor der Pause seinen zweiten Treffer erzielte, war für sie alles klar. Es war übrigens ein symbolträchtiger Ort zum Jubeln: Dort hatten die deutschen Kicker 1974 den zweiten WM-Sieg gefeiert.
KIRCHE: In der dänischen Hauptstadt Kopenhagen fieberten Fans in einer Kirche mit - das Rudelgucken hatte die deutsche Botschaft organisiert. Etwa hundert Fans verfolgten das Spiel auf Großleinwand vor den hohen Fenstern der Sankt-Petri-Kirche. Bei jeder Ecke der deutschen Mannschaft bebte der Holzboden vom Getrampel, ein Dutzend Kinder machte mit schwarz-rot-goldenen Rasseln und Klappern Krach. Nur gegen einen kamen sie nicht an: Besonders laut jubelte der Pfarrer der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde über den Sieg der Nationalelf.