Herzog: Nicht Klinsis Hütchenaufsteller - „Eigene Ideen“

São Paulo (dpa) - Sein Bauch und Gesicht sind etwas runder geworden, die Waden hingegen immer noch eine Augenweide. Und wenn Andreas Herzog den Ball auf seinen linken Zauberfuß bekommt, ist es kaum vorstellbar, dass der Österreicher seine Karriere bereits vor zehn Jahren beendet hat.

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Millimetergenau schlägt der frühere Bremer beim Torschusstraining des US-Teams in São Paulo die Bälle von der Eckfahne 20 Meter vor das Tor, wo die Stürmer versuchen, sie volley zu verwerten. Im Erfolgsfall gibt's von ihm im breiten Wienerisch ein anerkennendes „Yes“ oder auch „Keep it going“ (weiter so).

Seit knapp zweieinhalb Jahren arbeitet Herzog als Assistent an der Seite von Chefcoach Jürgen Klinsmann. Er spricht von einem „Abenteuer“ - eines, für das das einstige Mittelfeldgenie sogar einen festen Vorsatz verworfen hat. „Ich wollte eigentlich nie wieder als Co-Trainer arbeiten“, sagt er im Gespräch mit der dpa. Schließlich hatte Herzog einige Jahre bei der österreichischen Nationalmannschaft assistiert und 2009 den Chefposten der U21-Auswahl übernommen.

Zwei-, dreimal stand der 45-Jährige kurz davor, österreichischer Nationaltrainer zu werden. Als sich Herzog im Dezember 2011 gerade wieder eine Absage eingeholt hatte und frustriert daheim in Wien saß, rief Klinsmann bei ihm an und lockte mit Amerika. Herzog verspürte umgehend das Fernweh und den Drang, „einfach mal wieder raus aus Österreich und in die weite Fußballwelt“ zu ziehen. Heute, bei der WM in Brasilien, weiß er, dass es ein richtiger Schritt war. „Ich hab's noch keine Sekunde bereut und bin überglücklich.“

Herzog ist zusammen mit Matthias Hamann auch der Europa-Scout. Bei den täglichen Trainingseinheiten in São Paulo steht Klinsmann während des Aufwärmens oft neben Herzog. Die Erkenntnisse, Eindrücke und Ideen seines ehemaligen Bayern-Mitspielers sind ihm wichtig. Herzog, sagt Klinsmann, habe schon seit einigen Jahren das Zeug, als Cheftrainer zu arbeiten. Er verfüge über so viel Erfahrung und habe sich jede Menge Fachwissen selbst angeeignet. „Umso mehr freue ich mich, dass ich ihn bei der WM neben mir habe, denn es macht riesig Spaß, mit ihm zu arbeiten“, betont der Schwabe.

Herzog sieht sich keinesfalls als Hütchenaufsteller. „Es war für mich von Beginn an klar, dass ich auch meine eigenen Ideen habe, die ich versuche, dem Jürgen zu vermitteln“, hebt er hervor. Natürlich sei Klinsmann der Chef, aber ihm selbst sei wichtig, dass er seine Freiheiten habe, und die bekomme er bei Klinsmann, sagt Herzog. Hütchenaufsteller? Nein, diese Zeiten seien für Assistenz-Trainer zum Glück vorbei. Ansonsten würde er einen anderen Job machen.

Neben Klinsmann gibt es acht weitere Deutsche im Team - darunter Sonderberater Berti Vogts und fünf Spieler. Deshalb, meint Herzog schmunzelnd, sei es wichtig, „dass die Deutschen auch einen Österreicher dabei haben, da wird die Stimmung ein bisschen aufgelockert, und dann ist die Homogenität im Team einfach viel besser.“

Nach dem 2:1-Auftaktsieg gegen Ghana haben sie bei den Amerikanern alle gut lachen. „Wir wissen, wenn wir einen guten Tag erwischen, können wir absolut jeden herausfordern“, sagt Herzog. Die nächste Aufgabe ist am Sonntag Portugal. Und zum Gruppenabschluss heißt der Gegner am 26. Juni Deutschland. Das Duell mit den „Piefkes“ ist für den Wiener „natürlich scho a bisserl a Kitzel.“