Hitzfeld lacht auf, genießt - und warnt

Brasília (dpa) - Ganz gelassen stand Ottmar Hitzfeld in der Ecke. Geduldig wartete der deutsche Trainer der Schweiz, als Xerdan Shaqiri als Spieler des Tages geehrt wurde und seine Sicht des späten WM-Auftaktsieges erklären durfte.

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Der 65 Jahre alte Coach wirkte in sich gekehrt, während der Bayernprofi auf dem Podium grinsend erzählte. Und Hitzfeld schien diesen kurzen Moment der Ruhe nach einer emotionalen Aufholjagd zum 2:1-Sieg gegen Ecuador mit dem letzten Angriff zu genießen und in sich aufzusaugen.

Kurz nach dem Wechsel auf dem Podium und dem kleinen Klaps für Shaqiri gab es ein ungewohnt herzhaftes Lachen Hitzfelds, der seine Gefühle sonst nur ungern zeigt und nach dieser WM in Rente geht. Ob er denn solche Momente des unbeschwerten und unmittelbaren Glücks wie nach dem späten Siegtreffer nicht vermissen werde? Hitzfeld gluckste und strahlte. Schließlich antwortete er: „Umso mehr habe ich diese Gefühle gerade genossen. Es war ein Traumfinale.“

Dass er als Coach mit der Einwechslung der beiden Joker Admir Mehmedi (48.) und Haris Seferovic (90.+3) entscheidenden Anteil hatte, das wollte der Gentleman der Trainergilde nicht weiter betonen. Die „Neue Zürcher Zeitung“ attestierte tags drauf ein „goldenes Händchen“, der „Tages-Anzeiger“ sah die Elf „in letzter Minute erlöst“. Ob er nun ein Genie oder ein Glückskind sei? Hitzfeld wich geschickt aus und erklärte schmunzelnd: „Als Trainer macht man sich Gedanken, welche Möglichkeiten man auf der Bank hat, wenn man im Rückstand ist.“

Hitzfelds Anteil nach Ecuadors Führung durch Enner Valencia (22.) hoben dafür die Spieler hervor. „Der Trainer hat alles richtig gemacht“, sagte der grinsende Joker Seferovic. Grundlegender erklärte es Diego Benaglio, der vier Minuten vor Schluss mit einer unglaublichen Parade die Niederlage durch Michael Arroyos abgefälschten Schuss verhindert hatte. „Er hat einfach eine gute Ansprache für jeden“, erläuterte der Keeper des VfL Wolfsburg: „Er findet im richtigen Moment die richtigen Worte.“ Für Mehmedi und Seferovic galt das dieses Mal wohl ganz besonders.

Die Ansprache in der Pause war ganz offensichtlich wirkungsvoller als die vor dem Spiel, denn die ersten 45 Minuten waren die Schweizer schwach. „Am Anfang sind wir nicht richtig ins Spiel gekommen, ich weiß nicht weshalb“, sagte Shaqiri: „So viele Fehlpässe, das kenne ich nicht von unserer Mannschaft.“ Nach Hitzfelds Kabinenpredigt „haben wir einfachere Pässe gespielt“. Das Konzept ging auf.

„Es war ein Sieg des Wollens“, kommentierte der Coach. Dazu kam allerdings auch Glück, so dass Hitzfeld gelassen nach vorne schauen darf. „Ich bin überzeugt, dass der Sieg uns Kraft und Sicherheit gibt“, sagte der Trainer-Routinier, der neun Meisterschaften und zwei Champions-League-Siege in seinem Lebenslauf stehen hat.

Dass die Partie gegen Frankreich ungleich schwerer wird, ist Hitzfeld klar. „Es ist noch viel Luft nach oben. Wir müssen uns steigern, wenn wir gegen Frankreich gewinnen wollen“, sagte der Trainer. Aus einem anderen Grund warnte Benaglio. „Das ist nicht die halbe Miete, das haben wir vor vier Jahren gesehen“, sagte der Keeper und erinnerte an die WM in Südafrika. Mit einem Sieg gegen Spanien waren die schon damals von Hitzfeld gecoachten Schweizer gestartet - und mussten trotzdem nach der Vorrunde heimfahren.