Japan auf Formsuche: Alles oder nichts gegen Kolumbien
Natal (dpa) - Was ist mit Japan los? Gegen die Griechen gelang dem verunsicherten Asien-Meister nicht mal ein Tor. Nach dem Remis in Natal ist das Team von Trainer Alberto Zaccheroni im letzten Vorrundenspiel zum Siegen verdammt, sonst ist die fünfte WM-Teilnahme schon nach drei Auftritten vorbei.
„Ich bin nicht glücklich, dass wir zu diesem Zeitpunkt des Turniers nicht mehr Punkte haben. Jetzt, nach unseren bisherigen Leistungen, bin ich überhaupt nicht glücklich“, klagte Zaccheroni über die magere Ausbeute von nur einem Pünktchen nach zwei Begegnungen - und er war mit seinem Frust nicht allein.
Japans Presse ging mit ihm hart ins Gericht. „Zwar gibt es noch Hoffnung für das dritte Spiel, aber die Lage ist schwierig. Japan steht kurz vor dem Abgrund, nein, Japan hängt schon fast ein bisschen am Abgrund. Die Strategie von Zaccheroni ist ein völliges Rätsel“, kritisierte „Soccer Digest“. Das Blatt „Sports Nippon“ stellte bei der japanischen Mannschaft ein „schlechtes Niveau“ fest.
Der fehlende Esprit, das schleppende Tempo und die unbefriedigende Abschluss-Souveränität verwundern auch Zaccheroni. So war das bei der WM-Mission am Zuckerhut nicht geplant. Auf das bevorstehende Alles-oder-nichts-Spiel am Dienstag gegen das bereits fürs Achtelfinale qualifizierte Kolumbien hätte der Italiener jedenfalls gerne verzichtet.
Ausgerechnet jetzt muss er auch noch eine nervende Personaldiskussion führen. Im Mittelpunkt der Debatte: Der ehemalige Dortmunder Shinji Kagawa, der wie die gesamte Mannschaft auf Formsuche ist. Gegen Griechenland, das in seiner letzten Partie gegen die Elfenbeinküste zum Weiterkommen ebenfalls zwingend einen Sieg braucht, schmorte der Offensivspieler von Manchester United 57 Minuten lang auf der Bank. „Die Wahl, Kagawa nicht spielen zu lassen, das war eine taktische. Wir wollten über die Seiten kommen“, begründete Zaccheroni seinen Entschluss. „Kagawa ist ein Außenspieler, aber er zieht immer in die Mitte. Und da können wir körperlich nicht bestehen.“
Das bekamen Kagawas Teamkollegen um Kapitän Makoto Hasebe, künftig bei Eintracht Frankfurt, oder Atsuto Uchida vom FC Schalke 04 zu spüren. Von den physisch überlegenen Griechen gab es heftig auf die Socken. Selbst aus der langen Überzahl nach der Gelb-Roten Karte gegen Konstantinos Katsouranis (38. Minute) konnten die Japaner kein Kapital schlagen. „Wir haben zu langsam gespielt. Der Ball wurde nicht schnell genug bewegt“, schimpfte Zaccheroni. Einen Grund, warum seine Mannschaft auch im zweiten Spiel ihre Spritzigkeit und ihre läuferischen Qualitäten schuldig blieb, nannte er nicht.
Auch Superstar Keisuke Honda tat sich schwer, die Nulldiät positiv zu verkaufen. Die zahlreichen Möglichkeiten, die sich sein vor der WM hochgelobtes Team erspielt hat? „Von guten Chancen können wir uns nichts kaufen“, sagte der Profi von Inter Mailand, „das Ergebnis zählt.“ Uchida versuchte es mit einer Durchhalteparole. „Wir repräsentieren Japan auf dem Platz“, sagte der Verteidiger. „Da müssen wir weiterkämpfen.“
Wenigstens die japanischen Fans verdienen sich bei der WM viele Komplimente durch ihr vorbildliches Verhalten. Nach jeder Partie ihrer Lieblinge sammeln sie auf der Tribüne brav ihren Abfall ein und bringen ihn selbst weg. Nur WM-Punkte gibt es dafür leider nicht.