Oranje ohne van Persie - Huntelaar bleibt außen vor
Rio de Janeiro (dpa) - Robin van Persie ist gesperrt - schlägt jetzt die Stunde von Klaas-Jan Huntelaar? Gegen Chile könnte der Schalker Stürmer eigentlich zu seinem ersten WM-Einsatz in Brasilien kommen.
Nach seinem feinen Lupfer ins Tor lief Huntelaar zum linken Strafraumeck und rutschte jubelnd auf den Knien über den nassen Rasen. Laut schrie der Schalker Angreifer seine Freude über den Treffer heraus und auch Trainer Louis van Gaal klatschte begeistert Beifall.
Ärgerlich für Huntelaar war nur, dass sich die Szene lediglich im Training der niederländischen Nationalmannschaft abspielte und nicht während einer WM-Partie. Da spielt der 30-Jährige bislang nämlich überhaupt keine Rolle, was sich trotz der Gelb-Sperre für Oranje-Kapitän Robin van Persie wohl auch im letzten Gruppenspiel des Vize-Weltmeisters am Montag gegen Chile nicht ändern wird.
Auch wenn van Gaal den Trainingseifer von Huntelaar zufrieden zur Kenntnis nahm, hat er den Schalker in seinen Planungen offenbar nicht auf dem Zettel. In den Testspielen vor der WM kam Huntelaar gegen Ecuador und Wales nur zu zwei Kurzeinsätzen, beim Härtetest gegen Ghana sogar überhaupt nicht zum Zug. Und die beiden siegreichen WM-Partien in Brasilien gegen Spanien und Australien musste der Stürmer ebenfalls von der Bank aus verfolgen. Oranje und Huntelaar - das passt irgendwie nicht zusammen.
Dementsprechend realistisch machte sich der Torschützenkönig der Bundesliga-Saison 2011/12 auf den Weg an den Zuckerhut. „Meine Erwartungen sind nicht besonders hoch“, sagte Huntelaar vor Turnierbeginn, obwohl er immer noch davon überzeugt ist, „dass Robin und ich sehr gut zusammenspielen können“.
Van Gaal setzt in Brasilien bislang aber auf das Duo Arjen Robben und Robin van Persie, was die beiden Topstars mit jeweils drei Treffern dankten. Nun, da van Persie ausfällt, wäre eigentlich die Zeit für Huntelaar gekommen, doch stattdessen tendiert der Bondscoach eher zu einer Systemumstellung, vom 5-3-2 zurück zum traditionellen 4-3-3.
Dass van Gaal gegen Australien bei Einwechslungen in Memphis Depay und Jeremain Lens zwei andere Offensivkräfte dem Schalker vorzog, dürfte dieser als Fingerzeig verstanden wissen. Auch gegen Chile, wo es für das Oranje-Team um den Gruppensieg geht, ist das Trio Depay, Robben, Lens in vorderster Front am wahrscheinlichsten. Der königsblaue Publikumsliebling ist in der Stürmer-Hierarchie inzwischen nur noch die Nummer fünf.
Doch anders als bei der völlig verkorksten EM 2012 nimmt Huntelaar die für ihn unbefriedigende Situation bislang klaglos hin. Kein Wort ließ er sich bislang entlocken, auch nach dem Australien-Spiel lief er mit einem Handy am Ohr durch die Mixed-Zone und ließ die wartenden Journalisten ohne einen Kommentar zurück. Vor zwei Jahren hatte er in Polen und der Ukraine mehrmals seinen Unmut über das Verhalten des damaligen Bondscoaches Bert van Marwijk zum Ausdruck gebracht. Zusammen mit Rafael van der Vaart stand er nach dem kläglichen Vorrunden-Aus als Querulant am Pranger.
Daraus hat Huntelaar gelernt. „Ich bin cooler geworden“, sagte er bereits im Vorfeld. Statt zu meckern versucht er van Gaal im Training von seinem Wert zu überzeugen. Zumindest den feinen Lupfer nahm der Bondscoach schon einmal erfreut zur Kenntnis.