Kälte im Trainingscamp: Brasilien sucht das Feuer
Teresópolis (dpa) - Regen-Tanz statt Samba-Rhythmen: Über das Trainingscamp „Granja Comary“ der Brasilianer bei der Fußball-Weltmeisterschaft ist der Herbst hereingebrochen - mit Dauerregen und Temperaturen kaum über zehn Grad.
Tief hängen die grauen Wolken über Teresópolis.
Torhüter Júlio Cesar ficht dies alles nicht an, unverdrossen wirft er sich bei einer Übungseinheit in den Matsch. Die Stimmung rund um die Seleção ist deutlich gedämpft. Doch gegen Kamerun, so hofft der 34 Jahre alte Keeper, soll endlich wieder ein Feuer wie beim Confederations Cup entfacht werden.
„Durch das, was wir beim Confed-Cup erreicht haben, hat sich alles verändert: Der Gegner stellt sich mehr hinten rein, sie respektieren uns mehr. Alle Trainer haben uns im vergangenen Jahr gesehen“, erklärt Cesar. „Aber wir glauben daran, dass es hier bei der WM gut für uns laufen wird.“ Bei der WM-Generalprobe 2013 hatte die Mannschaft von Trainer Luiz Felipe Scolari ein Fußball-Fest nach dem anderen gefeiert und am Ende Spanien mit 3:0 aus dem Maracanã gefegt.
Damals habe Scolari der Mannschaft eine Identität gegeben, ein Gesicht, ein taktisches System, betont Cesar. „Die Spieler wissen genau, was sie auf dem Platz zu tun haben.“ Dennoch scheint der Weg zum angestrebten Finale im Fußball-Tempel von Rio de Janeiro bei diesem WM-Turnier noch voller hoher Hürden zu sein. Das verkrampfte 3:1 gegen Kroatien und das unglückliche 0:0 gegen Mexiko in den ersten beiden Gruppenspielen hat die Euphorie erst einmal gedämpft.
Stürmerstar Neymar postet zwar auf Facebook weiter Sprüche wie „Zusammen können wir alles erreichen“, und die Spieler einschließlich Scolari betonen, dass sich der favorisierte WM-Gastgeber entwickle. Aber auch Brasilien sieht, mit welcher Vehemenz Mannschaften wie Chile und die Niederlande Richtung K.o.-Spiele stürmen. Und eines dieser beiden Teams könnte die Seleção im Achtelfinale erwarten.
Welcher der beiden Widersacher den Brasilianern lieber wäre? Cesar schüttelt bei dieser Frage abwehrend den Kopf: „Erstmal müssen wir uns gegen Kamerun für die nächste Runde qualifizieren. Es wäre respektlos gegenüber dieser Mannschaft, vorher von einem anderen Gegner zu sprechen.“ Zum Weiterkommen reicht zwar schon ein Unentschieden, aber der Keeper vom FC Toronto betont: „Wir wollen einen Sieg, weil wir Gruppenerster werden wollen. Wir wollen Erster werden, nicht um der Mannschaft A, B oder C aus dem Weg zu gehen, sondern weil uns das mehr Selbstvertrauen geben würde.“
Davon hat der fünfmalige Weltmeister derzeit offenbar noch nicht genug. „Wir wollen wieder wie beim Confed-Cup spielen“, verkündet Cesar. Er räumt aber zugleich ein: „Die ersten zwei Spiele waren anders, als es unsere Fans gewohnt sind.“