DFB-Taktik Khedira und Kroos kontern Tempo-Kritik

Sotschi (dpa) - Sami Khedira raus? Das wäre eine personelle Lösung von Joachim Löw, die nach dem Mexiko-Spiel sicherlich einige deutsche Fußballfans begrüßen würden.

Foto: dpa

Toni Kroos raus? Das wäre dagegen eine Maßnahme des Bundestrainers im Druck-Spiel gegen Schweden, die jeden überraschen würde, auch den hochdekortierten Champions-League-Sieger selbst.

Fest steht: Gerade auch in der Schaltzentrale des deutschen Spiels muss am Samstagabend vieles besser laufen, wenn in Russland eine WM-Wende erzwungen werden soll. Auf das prominente „K&K“-Duo im defensiven Mittelfeld wird es gegen die robusten Schweden maßgeblich ankommen, sofern Löw den zwei Weltmeistern weiterhin vertraut.

„Es geht nicht darum, einen raus und einen rein“, sagte Khedira zu möglichen Wechseln in der Startformation. Der 31 Jahre alte Vize-Kapitän war einer der Spieler, die vor dem Training mit den Journalisten sprachen. Der erfahrene Profi von Juventus Turin ist keiner, der sich wegduckt, wenn es eng wird, wenn der Druck steigt.

„Ich persönlich habe kein Problem mit Kritik. Da kann man so viel und so hart schreiben, wie man möchte. Ich kann damit leben“, sagte Khedira. Er übte auch gleich Selbstkritik: „Ich weiß, dass ich kein gutes Spiel gemacht habe.“ Wie übrigens Nebenmann Kroos auch.

Auf 160 Länderspiele kommen Kroos und Khedira zusammen. Sie sind 2014 gemeinsam Weltmeister geworden. Sie haben beide die Champions League gewonnen. Sie besitzen extrem viel internationale Erfahrung. Und trotzdem konnten auch sie beim 0:1 gegen Mexiko nichts ausrichten, sondern rannten in mäßigem Tempo den schnellen Gegenspielern nach.

Khedira sprach zwei Tage vor dem Schweden-Spiel für sich, aber auch für Kroos. „Ich denke, es ist kein Problem der Abstimmung zwischen Toni und mir, sondern was die Abstimmung der Offensiv- und Defensivreihe angeht. Da waren teilweise 30, 40 Meter dazwischen. Und dann kann man es nicht verteidigen“, sagte Khedira. Er führte sogar den schnellsten Mann der Welt zur Verteidigung an. „Da braucht man Usain Bolt und einen anderen Topsprinter, die das weglaufen können. Das schafft keiner von den Spielern, die wir hier haben.“

Der letzte Satz implizierte: Auch ein Wechsel, etwa Ilkay Gündogan oder Leon Goretzka für ihn, könne das Problem des Mexiko-Spiels nicht lösen. „Defensive heißt nicht nur die zwei Innenverteidiger oder die zwei Sechser, sondern alle Mannschaftsteile. Wenn man jedes Mal 70 Meter nach hinten sprinten muss, ist es schwer“, betonte Khedira.

Die Kritik, die Kroos und er annehmen müssten, sei eine andere. Sie hatten als Führungsspieler auf dem Platz nicht eingegriffen. „Das ist der Vorwurf, den wir uns machen müssen, auch ich, definitiv. Wir haben nicht reagiert, haben keine Lösungen gehabt“, sagte Khedira.

Gerade auch ihm unterliefen gegen die Mexikaner viel zu viele Ballverluste in der Vorwärtsbewegung. Er musste oft das Spiel machen, weil Ballverteiler Kroos vom Gegner zugestellt wurde. „Toni hatte einen Kettenhund bei sich“, benannte Angreifer Thomas Müller ein Kardinalproblem. Kroos wiederum moniert schon seit dem 0:1 im Testspiel gegen Brasilien die fehlende Passsicherheit. „Wir waren konteranfällig, weil wir die Bälle viel zu einfach vorne verloren haben“, kritisierte der 28-Jährige auch nach dem WM-Fehlstart.

Kroos' Nörgeleien nerven einige Kollegen, ebenso sein Sonderstatus bei Löw. Eine Woche Urlaub erhielt er nach dem nächsten Champions-League-Sieg mit Real. Jetzt wird auch von Löws „absolutem Schlüsselspieler“ erwartet, dass er nicht nur die Bälle verteilt, sondern auch rennt und rackert für das Team. „Hingabe“ hatte Kroos selbst angemahnt. „Wir sind unter Druck jetzt, ohne Frage“, sagte er. „Wir haben die Leute, die jetzt liefern müssen“, bemerkte Löws Assistent Miroslav Klose. Er meinte damit auch Kroos und Khedira, mit denen er 2014 in Brasilien Weltmeister wurde.