Klinsmann gegen Wilmots: Aus Freunden werden Gegner

São Paulo (dpa) - Nach der Niederlage gegen Deutschland trifft US-Trainer Jürgen Klinsmann bei der WM erneut auf einen alten Freund. Er und Belgiens Coach Marc Wilmots kennen und schätzen sich aus gemeinsamen Bundesliga-Zeiten.

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Auf den ersten Blick ist es ein wenig überraschend, dass beide sich so gut verstehen. Wilmots wechselte einst vom Malocher-Club Standard Lüttich zum Malocher-Club Schalke 04, irgendwann nannten ihn alle nur noch „Willi, das Kampfschwein“. Klinsmann dagegen hatte schon etwas Weltläufiges, lange bevor er die amerikanische Nationalmannschaft übernahm. Er spielte für Inter Mailand, AS Monaco, Bayern München oder Tottenham Hotspur. Bei solchen Clubs sind Kampfschweine eher selten zu sehen.

Nun treffen beide im WM-Achtelfinale aufeinander. Wilmots trainiert die Belgier, Klinsmann die USA - es ist das Duell des WM-Geheimfavoriten mit einer möglicherweise aufstrebenden neuen Fußball-Macht aus einem bekennenden Nicht-Fußball-Land. Für Klinsmann ist es nach dem Deutschland-Spiel das zweite Mal in nur sechs Tagen, dass er gegen einen alten Bekannten antreten muss. Denn Wilmots sagt vor dieser Partie ganz offen: „Ich habe großen Respekt vor Jürgen. Er ist ein Freund. Wir haben schon Kontakt gehabt, als wir noch in der Bundesliga gespielt haben. Allerdings wird das nicht mehr zählen, wenn wir jetzt am Dienstag gegeneinander spielen.“

Die gemeinsame Geschichte der beiden beginnt lange vor diesem WM-Duell in Salvador. Beide wurden schon früh zu Nationaltrainern ihrer Heimatländer ernannt - beide ohne große Erfahrung als Clubcoach und deshalb beide auch zunächst sehr skeptisch von der Öffentlichkeit beäugt. 2011 übernahm Klinsmann das US-Team, seitdem tauschen sie sich regelmäßig aus. Zwei Freundschaftsspiele gegen Belgien hat der frühere Bundestrainer in dieser Zeit schon vereinbart, beide gingen verloren (0:1, 2:4). Ein drittes sollte eigentlich am Tag der WM-Eröffnung in São Paulo stattfinden, doch Klinsmann und Wilmots sagten es kurzfristig ab. Bei dem Stau in der brasilianischen Metropole hätten beide Teams an jenem Tag weitaus länger im Bus gesessen als gegeneinander Fußball gespielt.

„Ich denke, wir beiden haben eine Siegermentalität“, erzählt der Belgier. „Wir waren beide Stürmer und sind sehr offensiv. Jürgen lebt Fußball. Das ist seine große Stärke. Er tut alles dafür und denkt an jedes Detail. Ich freue mich, ihn arbeiten zu sehen.“

Klinsmann gibt diese Blumen gern zurück. „Großes Kompliment an Marc. Er hat aus einer Reihe herausragender Talente eine starke Mannschaft geformt“, sagte Klinsmann, der Wilmots in Salvador als „große Persönlichkeit“ bezeichnete. „Marc ist immer sehr positiv, hat viel Energie und ist immer für einen Spaß zu haben. Wir haben regelmäßig Kontakt. Ich wünsche ihm nur das Beste.“

Die Freundschaft der beiden geht so weit, dass sie sich vor der WM bei der Quartiersuche halfen. Die Amerikaner hatten zunächst ein Golf-Resort außerhalb von São Paulo im Blick. Als sie dann doch lieber mitten im Zentrum wohnen wollten, empfahl Klinsmann das edle Hotel an Wilmots weiter.

Belgiens Verteidiger Daniel Van Buyten hat unter beiden gespielt. Er zählte bei Bayern München zwar nicht gerade zu den Lieblingsspielern von Klinsmann, aber er sagt mit großem Respekt: „Beide sind sich sehr ähnlich. Auch Jürgen ist ein Trainer, der viel Kontakt zu seinen Spielern hat. Beide können eine Mannschaft nach vorne pushen, sie legen viel Wert auf körperliche Fitness. Und beide sind als Trainer genauso, wie sie es als Spieler waren: Sie geben nie auf.“

1994 trafen Klinsmann und Wilmots schon einmal bei einer WM aufeinander. Damals musste der Belgier allerdings von der Ersatzbank aus mit ansehen, wie Klinsmann beim deutschen 3:2-Sieg im Achtelfinale das Tor zum 2:1 schoss. „An dieses Spiel kann ich mich kaum noch erinnern“, sagte der US-Coach in São Paulo, als er von belgischen Journalisten darauf angesprochen wurde. „Aber hoffentlich kann ich am Dienstag darauf aufbauen.“