Spannung im Tor Löws Kader-Puzzle: Was für Reus und Götze spricht

Berlin (dpa) - Mit Reus? Ohne Götze? Gomez oder Wagner? Packt's Käpt'n Neuer noch? Joachim Löw verließ das Berliner Olympiastadion nach dem 0:1 gegen Brasilien wieder etwas schlauer, aber auch mit etlichen offenen Personalfragen für die Fußball-Weltmeisterschaft.

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Antworten muss der Bundestrainer am 15. Mai bei der Bekanntgabe des vorläufigen Kaders für die Titelverteidigung in Russland geben. „Es darf nicht nur eine erste Elf geben beim Turnier“, sagte Löw nach der letzten Sichtung. „Bei der einen oder anderen Entscheidung weiß der Trainer es selbst noch nicht“, glaubt Manager Oliver Bierhoff: „Es gibt aber auch einige Spieler, die haben ihre Garantie sicher.“

Das Gerüst der WM-Elf - das steht nach dem 1:1 gegen Spanien und der Niederlage gegen Brasilien fest - werden nochmals die Weltmeister von 2014 wie Boateng, Hummels, Kroos, Müller oder Özil bilden. Ein Blick auf die einzelnen Mannschaftsteile, Fixkräfte und Wackelkandidaten.

TOR: Die große Unbekannte bleibt Manuel Neuer. Der Kapitän ist nach seinem Mittelfußbruch von Spielfähigkeit noch einiges entfernt. Löws Glück: In Marc-André ter Stegen hat er eine absolute 1a-Lösung. „Er ist eine Persönlichkeit geworden“, sagte Löw über den 25-Jährigen vom FC Barcelona. Der Paris-Reservist Kevin Trapp agierte gegen Brasilien nicht souverän. Aber es ist eh nicht entscheidend, ob Trapp (27) oder Bernd Leno (25) am Ende als dritter Torwart mitfährt. Schafft's Neuer nicht, könnte Löw dessen Münchner Vertreter Sven Ulreich doch noch die Tür öffnen - dann aber als Nummer 2 hinter ter Stegen.

ABWEHR: Das Weltmeister-Duo Boateng/Hummels ist unantastbar im Zentrum. Die schon bei der EM 2016 erprobten Confed-Cup-Sieger Joshua Kimmich und Jonas Hector komplettieren außen die Viererkette. Der Brasilien-Test offenbarte: Antonio Rüdiger ist Löws erste Option hinter Boateng und Hummels. Für den Berliner Marvin Plattenhardt spricht der linke Fuß als Hector-Back-up. Um den siebten Platz in der Verteidigung konkurrieren Matthias Ginter (24) und Niklas Süle (22), der als Bayern-Spieler mit Boateng und Hummels eingespielt ist.

MITTELFELD DEFENSIV: An Toni Kroos kommt keiner vorbei. Selbst in Testspielen verzichtet Löw nicht auf den Real-Madrid-Star. Um den Platz daneben wird gerangelt. Sami Khedira (30) liegt vorne, wenn sein strapazierter Körper mitmacht. Ilkay Gündogan spielte gegen Brasilien erstaunlich fehlerhaft. „Mag sein, dass ich fehlende Spielpraxis in der Nationalmannschaft habe“, sagte der so oft Verletzte. Leon Goretzka wird mitgehen nach Russland. Emre Can und Sebastian Rudy bringen Vielseitigkeit mit, beide könnten auch als Außenverteidiger aushelfen. Aber braucht Löw beide in Russland?

MITTELFELD OFFENSIV: Hier wird's am spannendsten. Spielmacher Mesut Özil und Thomas Müller, zehn Tore bei zwei WM-Turnieren, sind für die WM-Elf gesetzt. „Spieler wie Müller, Özil oder Khedira können einige Dinge auffangen und in schwierigen Situationen helfen“, betonte Löw nach dem Brasilien-Spiel, in dem das Trio pausierte. Julian Draxler ist aktuell der dritte Mann neben Özil und Müller in der offensiven Mittelfeldreihe. Leroy Sané (22) enttäuschte gegen Brasilien und ärgerte etwa Kroos mit seiner Körpersprache. Der agile Leverkusener Julian Brandt (21) empfahl sich nochmals nach seiner Einwechslung.

Marco Reus gehört vom Können her ins WM-Team. Entscheidend wird sein, ob Löw den Dortmunder, der die WM 2014 und die EM 2016 verpasste, körperlich robust genug findet für ein strapaziöses Turnier. Ein Mario Götze in Topform könnte das liefern, was auch der Gladbacher Lars Stindl als hängende Spitze anbietet. Und André Schürrle: Der Weltmeister stach im DFB-Team häufig als Joker. „In der Nationalmannschaft ist noch ein anderer Druck“, bemerkte Löw. WM-Finaltorschütze Götze oder Schürrle kennen sich damit aus.

ANGRIFF: Mario Gomez hat es schon vor längerem prophezeit: „Er wird die nächsten zehn Jahre in Deutschland im Sturm dominieren.“ Er ist Timo Werner. Der 22 Jahre junge Leipziger ist der designierte neue Miroslav Klose im DFB-Angriff. Gegen Spanien untermauerte das der rasend schnelle Confed-Cup-Torschützenkönig auch ohne Treffer. Um den Stoßstürmerplatz konkurrieren der turniererfahrene Gomez (31 Tore in 73 Länderspielen) und Sandro Wagner (fünf Tore in acht Partien), der gegen Brasilien Gomez ablöste und gleich gefährlich war.

Gomez' Fazit am Ende der großen WM-Testspiel-Woche galt für viele Wackelkandidaten: „Ich habe mein Bestmögliches angeboten und werde das auch die nächsten zwei Monate tun. Und dann schauen wir im Mai, ob's reicht. Der Bundestrainer wird nicht heute Abend nominieren.“