Messi: Wollen Großes erreichen“ - Oder doch Hitzfeld?
São Paulo (dpa) - Die Warnung von Bayern-Coach Pep Guardiola haben Lionel Messi und Co. vor dem WM-Achtelfinale gegen die Schweiz gar nicht mehr gebraucht.
„Jetzt beginnt die WM erst richtig. Wir wollen etwas Großes erreichen. #VamosArgentina“, schrieb Lionel Messi gut 24 Stunden vor dem ersten Alles-oder-Nichts-Spiel bei der WM in Brasilien auf seiner Facebook-Seite.
Die Schweizer Mannschaft von Trainer Ottmar Hitzfeld soll die Gier nach dem ersten WM-Titel der Argentinier seit 1986 und der Krönung von Messis grandioser Karriere an diesem Dienstag in São Paulo zu spüren bekommen. „Die K.o.-Phase ist eine völlig neue Etappe, du kannst dir jetzt keine Fehler mehr leisten“, betonte Trainer Alejandro Sabella bei der Pressekonferenz zum Achelfinalduell mit dem Außenseiter aus der Schweiz.
Doch Argentinien ist auch mehr als gewarnt. Die K.o.-Statistik gegen europäische Teams ist bedenklich. Seit 28 Jahren gelang den Südamerikanern nach der Gruppenphase bei Fußball-Weltmeisterschaften kein Sieg mehr in der regulären Spielzeit gegen ein Team aus Europa. Der letzte datiert vom 29. Juni 1986 - das 3:2 im Finale der Mexiko-WM über Deutschland.
Und dann haben die Schweizer auch noch ihre Antwort auf Messi: Bayern-Jungstar Xherdan Shaqiri. „Man muss auf ihn aufpassen“, betonte sogar Guardiola jüngst bei einer Veranstaltung in Buenos Aires. Der kraftvolle und schnelle Angreifer vom deutschen Rekordmeister schoss die Schweizer mit einem sehenswerten Dreierpack beim 3:0 gegen Honduras in die Runde der besten 16 und verzögerte damit auch den Vorruhestand von Hitzfeld.
Shaqiri auf der einen, Messi auf der anderen Seite - von der Körpergroße ein Duell auf Augenhöhe. Die beiden Turbodribbler messen gerade mal 169 Zentimeter. Shaqiri hat bisher drei Tore erzielt, Messi vier, aber verlieren kann eigentlich nur der Weltstar vom FC Barcelona. Fast alle Hoffnungen des zweimaligen Weltmeisters im ersten Spiel „auf Leben und Tod“ (Zabaleta) ruhen auf seinem Kapitän.
Sabella verglich die Bedeutung seines Superstars am Montag bereits mit jener von Diego Maradona beim bislang letzten argentinischen WM-Erfolg. „Damals war Maradona entscheidend, Messi ist es jetzt“, sagte der Sabella 28 Jahre und einen Tag, nachdem Maradona in Mexiko den WM-Pokal hatte küssen und in den Händen halten dürfen.
„Du kannst dir noch so viele Videos von Messi anschauen, wenn er im entscheidenden Moment wieder etwas Überraschendes macht, haben die alle nichts genützt“, konstatierte der Schweizer Keeper Diego Benaglio vom VfL Wolfsburg. Trotzdem will Hitzfeld keinen Sonderbewacher auf den viermaligen Weltfußballer abstellen.
Der Trainer-Routinier setzt auf eine Messi-Neutralisierung im Kollektiv, so wie es auch die drei Vorrundengegner der Argentinier - wenn auch vergeblich - versucht hatten. „Es ist aber auch klar, dass es schwierig sein wird, Messi komplett aus dem Spiel zu nehmen“, sagte Hitzfeld vor dem 90. Länderspiel des 27-Jährigen.
Hitzfelds Pendant Sabella ließ in den vergangenen Tagen Ezequiel Lavezzi für den verletzten Sergio Agüero an der Seite von Messi und Gonzalo Higuaín das Sturmtrio bilden. Einen Tag vor der Partie testete er aber mit Maxi Rodriguez eine 4-4-2-Variante.
Viel, sehr viel steht für Messi und seine Mitspieler auf dem Spiel. Auf dem Bild, dass der Kapitän bei Facebook zu seinem Appell stellte, wirkte der 27-Jährige aber noch absolut entspannt. Messi ist in Topform, das weiß er selbst auch.
Und gegen die Schweiz hat Argentinien noch nie verloren. Gegner im Viertelfinale wäre der Sieger der Begegnung zwischen Belgien mit dem Ex-Schalker Marc Wilmots als Coach und den von Jürgen Klinsmann betreuten USA.
Bei den Weltmeisterschaften 2006 und 2010 scheiterte die argentinische Titelmission bereits im Viertelfinale. Dies soll am Zuckerhut nicht passieren. „Könnte sich das Favoriten-Etikett, das Messi und Co. auf ihrem Rücken tragen, gegen sie wenden und in einen Bumerang verwandeln?“, fragte die Tageszeitung „Clarín“ vor dem Tag der Wahrheit besorgt. Einer der WM-Hauptdarsteller muss auf jeden Fall vorzeitig nach Hause reisen - Messi oder Hitzfeld. Und keiner von beiden will vorher daran glauben.
„Ich gehe nicht davon aus, dass das morgen mein letztes Spiel sein wird“, sagte Hitzfeld am Montag. „Diese WM ist auch für mich nochmal ein Highlight. Wir haben die große Chance, für den Schweizer Fußball vielleicht etwas Historisches zu leisten.“