Im Achtelfinale trotz 0:3 Mexiko feiert Korea-Sieg - Erinnerungen an Neymars Tränen
Jekaterinburg (dpa) - Daheim in Mexiko-Stadt zogen die Fans von El Tri spontan zur südkoreanischen Botschaft. „Koreaner, Brüder, ihr seid Mexikaner“, skandierten die Anhänger und steckten Botschafter Byoung Jin-Han gleich in ein mexikanisches Trikot.
Die Lateinamerikaner wussten, wem sie den Achtelfinal-Einzug bei der Fußball-WM in Russland zu verdanken hatten. „Koreanische Helden bescheren Mexiko die Qualifikation“, schrieb die Zeitung „El Universal“ nach dem unerwarteten Coup der Asiaten gegen Weltmeister Deutschland, der Mexiko trotz des 0:3 (0:0) gegen Schweden doch noch das Prestige-Achtelfinale gegen Brasilien am Montag (16.00 Uhr MESZ) in Samara bescherte.
Nun also Brasilien, „eine historische Rivalität“, wie bei „Milenio“ zu lesen war. Richtig, da war doch was. Neymar wird sich ungern erinnern. Am 11. August 2012 feierte Mexiko im Wembleystadion von London einen 2:1-Sieg im olympischen Fußball-Finale. Gleich sieben Spieler der heutigen Mannschaft waren damals dabei, darunter auch der Frankfurter Marco Fabián und Oribe Peralta, der beide Treffer erzielte. Und auf dem Rasen weinte Neymar, der wie die heutigen Brasilien-Stars Thiago Silva, Marcelo und Danilo im Olympia-Team stand.
Damit es am Montag zu einer ähnlichen Überraschung kommt, müssen sich die Mexikaner deutlich steigern. Das Gute aus Sicht von Trainer Juan Carlos Osorio: „Uns bleibt sehr wenig Zeit zum Lamentieren.“ Das Wichtigste sei nun, sich nach der „Lehrstunde“ auf den kommenden Gegner zu konzentrieren. Torwart Guillermo Ochoa sieht das ähnlich. Das Team müsse sich nun ausruhen, weiter arbeiten und die richtigen Schlüsse aus der heftigen Niederlage am Mittwoch in Jekaterinburg ziehen. Der 32-Jährige sprach von „einer guten Lektion, auf dass es sich nicht wiederholt“.
Nach den zwei Auftaktsiegen hatten die Lateinamerikaner schon an den Titel gedacht, wollten „Träume wahr werden lassen“ (Chicharito). „Der Spirit ist nicht zerstört. Es ist besser, dass es jetzt passiert ist. Das Gute ist, in der nächsten Woche beginnt eine komplett neue WM“, meinte der Frankfurter Carlos Salcedo nach der Pleite gegen Schweden.
Die WM endete für Mexiko in der Vergangenheit regelmäßig im Achtelfinale: 2014 gegen die Niederlande, 2010 wie vier Jahre zuvor gegen Argentinien, 2002 gegen die USA, 1998 gegen Deutschland und 1994 gegen Bulgarien - es ist ein regelrechter Fluch für die Azteken. „Das Team weiß, um was es geht“, versichert Salcedo.
Doch reicht das wirklich gegen Brasilien? Torjäger Chicharito und seine Kollegen bekamen von den Schweden eindrucksvoll die Grenzen aufgezeigt. Der zuvor noch so exzellente Konterfußball wurde von den Skandinaviern eindrucksvoll unterbunden, Mexiko kam über 90 Minuten überhaupt nicht ins Spiel. „Der Trainer wird uns sagen, was wir besser machen müssen“, meinte Hirving Lozano. Und damit begann Osorio schon direkt nach dem Spiel. Er habe gegen seine Überzeugung das in den ersten beiden Spielen erfolgreiche 4-3-3-System spielen lassen. Das werde ihm nicht mehr passieren.
Umbauen muss er seine Mannschaft sowieso. Hector Moreno ist nach der zweiten Gelben Karte gesperrt. „Das wird nicht einfach ohne ihn“, bemerkte Salcedo, der mit Moreno in den ersten beiden Spielen stark verteidigt hatte. Gegen Schweden lief dagegen nicht nur bei den Toren des Bremer Bundesligaprofis Ludwig Augustinsson (50. Minute), des schwedischen Kapitäns Andreas Granqvist per Foulelfmeter (62.) oder beim Eigentor von Edson Álvarez (74.) vieles schief. „Wir sollten nicht zu lange zurückblicken. Wir haben zwei Spiele gewonnen und verdienen es, in der nächsten Runde zu stehen“, sagte Ochoa.
Auf der WM-Bühne kreuzten sich die Wege mit Brasilien viermal, Mexiko gelang dabei kein einziger Sieg und nicht einmal ein Tor. Gut, dass es noch die goldenen Erinnerungen an London 2012 gibt.